9. November 2017 - Erinnern heißt handeln!

9. November 2017 - Erinnern heißt handeln!

Die Pogrome vom 9. bis zum 11. November 1938 in Wuppertal

Wie überall im Deutschen Reich wurden zwischen dem 9. und 11. November 1938 auch in Wuppertal neben der Zerstörung der Synagogen und Betsäle, zahlreiche jüdische Geschäfte und Privatwohnungen teilweise am helligten Tag verwüstet und geplündert.
Die Täter brauchten nicht den Schutz der Nacht. Wenn die jüdischen Einrichtungen nicht restlos abbrannten, kamen sie bis zu dreimal an den Tatort wieder. Am 10. November um 4:00 Uhr brannte die Synagoge an der Genügsamkeitsstraße, um 8:00 Uhr wurde die Barmer Synagoge angezündet. Um 18:00 Uhr kamen die Brandstifter wieder in Genügsamkeitsstrasse und legten erneut Feuer. Die Friedhofskapellen am Weinberg und an der Hugostrasse brannten schließlich um 20:00 Uhr. Das Bettengeschäft Sigismund Alsberg in der Berliner Straße wurde dreimal angesteckt. Kissenbezüge und Betten wurden geraubt. Die Herzogstraße und die Königstraße in Elberfeld waren mit Waren und mit zertrümmerten Gegenständen aus jüdischen Geschäften übersät, auch die Textilhandlung Wolf und Heimann wurde geplündert.
In der Grünstraße waren ganze Wohnungseinrichtungen aus dem Haus geworfen worden, in der Elberfelder Wortmannstraße wurde ein Auto in Brand gesetzt.
Die Täter, unter ihnen der SS-Mann und Versteigerer Bruno Koepchen, fuhren mit der Kraftdroschke vor. In der Herzogstraße warfen sie beim Schuhhaus Tack und anderen jüdischen Geschäften mit Flaschen die Schaufensterscheiben ein. Der Fahrer brachte sie nach kurzem Zwischenstopp in der Kreisleitung der NSDAP zur Synagoge in die Elberfelder Genügsamkeitstraße. „Die Herren stiegen aus und begaben sich zur Synagoge. Da sie durch das Hauptportal nicht in die Synagoge hinein konnten, gingen sie von der Seite aus, durch den dort befindlichen Eingang in die Synagoge. Nach einiger Zeit sah ich dann, dass die Synagoge brannte.“
Die Zerstörungen mussten die Juden per „Sühneabgabe“ selber zahlen. Insgesamt 1 Milliarde Reichsmark mussten reichsweit für die „Judenvermögensabgabe“ zum Ausgleich der Schäden aufgebracht werden. Die Finanzämter „gewährten“ Ratenzahlungen, die in fünf Raten eingezogen wurden. Wer jetzt noch auswandern konnte, musste auch den Rest seines Vermögens den deutschen Finanzämtern überlassen. Nach der Pogromnacht wurden 125 jüdische Männer aus Wuppertal in die Konzentrationslager Dachau und Sachsenhausen verschleppt. Die Bilanz des Pogroms, das am 10. November offiziell für beendet erklärt wurde, war erschreckend: Über tausend Synagogen waren abgebrannt, mindestens 8000 jüdische Geschäfte zerstört sowie zahllose Wohnungen verwüstet. Zwischen 90 und 100 Juden waren erschlagen, niedergestochen oder zu Tode geprügelt worden. Hinzu kamen Millionenschäden an zerstörten Geschäftseinrichtungen und Schaufensterscheiben. Das alles wurde im Volksmund bald mit dem Begriff „Reichskristallnacht“ verharmlost.

Veranstaltungen in Wuppertal

11.00 Uhr Jüdischer Friedhof am Weinberg, Wuppertal-Elberfeld: Gedenken an die Pogromnacht 1938

18:00 Uhr City-Arkaden Wuppertal-Elberfeld Gedenkrundgang

19:00 Uhr Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal: Zeitzeugenveranstaltung: Die Geschichte einer jüdischen Kindheit in Eberfeld: Das Leben und Überleben von Wolfgang Kotek, heute Rotterdam

19:00 Uhr  CityKirche Elberfeld: Die AfD und die soziale Frage

Vortrag und Diskussion mit Stefan Dietl, Autor des Buches "Die AfD und die soziale Frage"

Innerhalb von gerade einmal vier Jahren zog die Alternative für Deutschland (AfD) mit teils zweistelligen Ergebnissen in dreizehn Landesparlamente ein. Mit der Wahl in den deutschen Bundestag 2017 möchte sie endgültig zur erfolgreichsten Parteineugründung der Bundesrepublik werden. Zu ihrem Programm gehört neben der Hetze gegen Migrant*innen und Geflüchtete, dem Kampf gegen die Rechte von Frauen und der Diskriminierung von Behinderten, Homosexuellen und Transgender, auch die Ausgrenzung von sozial Benachteiligten. Trotz ihrer neoliberalen Programmatik ist die Partei vor allem auch unter denjennigen erfolgreich die von marktradikalen Umbaumaßnahmen besonders betroffen sind.

Stefan Dietl wirft einen genaueren Blick darauf, welche Forderungen die AfD eigentlich vertritt und welche verheerenden Auswirkungen deren Umsetzung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätte.

Stefan Dietl (Jg. 1985), seit seiner Ausbildung Mitglied der Gewerkschaft ver.di, ist ehrenamtlich im Landesvorstand von ver.di Bayern aktiv. Er schreibt regelmäßig zu sozial- und wirtschaftspolitischen Themen, u.a. für die Wochenzeitung Jungle World.

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