2016

Last Chance – Einsatzgruppen-Mörder bestrafen!

“I fully support your aim. It is never too late to disturb the sleep of these ugly murderers.”

(Eldad Kisch, Ramat Hasharon, Israel.)

Heute am 28.11.2016 bestätigte der BGH das Urteil gegen den SS-Mann Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord. Damit ist der Weg frei, auch die noch lebenden Täter aus den vier Einsatzgruppen schnellstmöglich zur Verantwortung zu ziehen!

Unser Offener Brief wird zurzeit von 60 Persönlichkeiten aus dem Inland- und Ausland unterstützt, darunter sind auch Holocaust-Überlebende und Widerstandskämpfer aus Belgien, Litauen, Israel und Deutschland.

Den Tätern auf der Spur

Offener Brief an die deutsche Justiz

Wir, eine Reisegruppe aus Wuppertal, Dortmund und Witten, wenden uns heute aus der ukrainischen Stadt Dnipropetrowsk an die Öffentlichkeit und an die deutsche Justiz.Im Mittelpunkt unserer Reise stehen die Massenverbrechen der Einsatzgruppe C in Babij Jar/ Kiew und in Dnipropetrowsk. Auch in Dnipropetrowsk wurden etwa 12.000 Juden von Einsatzkommandos, Ordnungspolizei und ukrainischer Hilfspolizei zusammengetrieben und ermordet.

Unter den Mördern aus den Einsatzgruppen waren mindestens 13 Polizisten und SS-Männer aus dem Bergischen Land.Am 12. November ist der fast vergessene 75. Jahrestag der Ermordung von 800 Insassen der psychatrischen Anstalt im ukrainischen Igren durch das Einsatzkommando 6 der Einsatzgruppe C.

Wir werden am Montag an dem Denkmal in Igren (heute ein Teil von Dnipropetrowsk bzw. Dnipro) an die Ermordeten erinnern und verbinden das Gedenken mit der Forderung, endlich alle noch lebenden Mitglieder der Einsatzgruppen juristisch wegen Mordes bzw. wegen Beihilfe zum Mord zu belangen.Bereits im Oktober 2014 hat Efraim Zuroff vom Simon-Wiesenthal-Zentrum dem Justizministerium 80 Namen von Mitgliedern der Einsatzgruppen präsentiert und die deutsche Justiz aufgefordert, die Täter zu finden und wegen Mordes bzw. Beihilfe zum Mord vor Gericht zu stellen.

Etwa 3.000 Kriminal- und Gestapobeamte, SS-Leute, Waffen SSler und Ordnungspolizisten fungierten seit dem 20. Juni 1941 als Einsatzgruppen A, B, C und D und folgten den Truppen der Wehrmacht und Waffen SS. Nach den eigenen Angaben der Mörder ermordeten diese 3.000 Männer als mobile Killertruppe mindestens 500.000 Juden, Rotarmisten, Kommunisten, Sinti und Roma und Patienten psychiatrischer Anstalten durch Massenerschießungen und Gaswagen.

Hintergrund der Forderung ist die „neue Rechtsauffassung“ nach dem Demjanuk-Urteil, die u.a. zur Verurteilung des in Auschwitz eingesetzten SS-Wachmanns Reinhold Hanning  und zu neuen Ermittlungsverfahren wegen der NS-Verbrechen u.a. in Majdanek, Stutthof geführt hat und auch eine (neue) Verfolgung und Verurteilung der Massenmörder aus den Einsatzgruppen und Polizei-Bataillonen möglich macht, wenn man denn (noch lebende) Tatverdächtige recherchieren kann.

Die Einsatzgruppen gehören zu jenen Einheiten, die nur zu dem Zweck aufgestellt worden sind, Morde zu begehen. Deswegen könnten deren Mitglieder wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden, selbst wenn ihnen die Beteiligung an einer konkreten Tat nicht nachgewiesen werden kann.

Seit Mai 2016 wissen wir durch einen Artikel im britischen Telegraph, dass die Zentrale Stelle in Ludwigsburg nach Auswertung der Liste des Simon-Wiesenthal-Zentrums noch 8 lebende Mitglieder der Einsatzgruppen erfasst hat. Ermittlungsverfahren gegen die Acht sind aber nicht eingeleitet worden.

Das muss sich schnellstens ändern!

Wir fordern die sofortige Aufnahme der Ermittlungsverfahren gegen die acht Verdächtigen und darüber hinaus die Ausweitung der Ermittlungen auf alle Archive und Polizeipräsidien.

Besonders letztere verwahren nach wie vor Personalakten von (lebenden) Polizisten, die noch in der NS-Zeit eingesetzt waren. Insbesondere in den Personalakten, wie der Fall des Wuppertaler Kriminalbeamten Wilhelm Ober beweist, sind Einsatzzeiten bei den Einsatzgruppen dokumentiert, die für eine Strafverfolgung zentral sind. Darüber hinaus sind Abkommandierungen und Listen weiterer Einsatzgruppen-Mitglieder zu finden.

(Zu den Besonderheiten des Aktenzugangs in Wuppertal siehe http://www.njuuz.de/beitrag30544.html)

Wir fordern die Aufnahme von Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder der Einsatzgruppen und die lückenlose Herausgabe der Personalakten von NS-belasteten Polizisten!Wir rufen zur Unterstützung unserer Forderungen auf!

Mail bitte an: info@wuppertaler-widerstand.de

Lieselotte Bhatia Stephan Stracke

www.wuppertaler-widerstand.de

 

ErstunterzeichnerInnen:

Beate Klarsfeld, Paris

Esther Bejarano, Vorsitzende Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

Bernard Fenerberg, Widerstandskämpfer, Brüssel, Belgien

Dr. Jehuda Riemer, Kibbutz Urim, Israel

Alice Michalowski, Bruxelles

Eldad Kisch, Ramat Hasharon, Israel

Hanan Kisch, Kiryat Ono, Israel

Max van den Berg, Comité van Waakzaamheid, Amsterdam

Fania Brancovskaja, jüdische Partisanin, Vilnius, Litauen

Alex Kuflik, Petit fils de 2 grand-peres et neuveu de nombreux oncles et tantes deportes, Jerusalem ISRAEL

Dr. Hans Coppi, Vorsitzender der Berliner VVN – BdA e.V.

Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten

Simonetta Gilioli, Istoreco Reggio Emilia

Alessandra Fontanesi, Istoreco Reggio Emilia

Matthias Durchfeld, Istoreco Reggio Emilia

Prof. Dr. Heinz Sünker, Rudolf-Carnap-Senior-Research-Professur, Universität Wuppertal

Dogan Akhanli, Schriftsteller, Köln

Ulrich Klan, Wuppertal

Gerd-Peter Zielezinski, Wuppertal

Dr. Wolfgang Proske, Gerstetten

Andreas Bialas, MdL NRW

Josef Neumann, MdL NRW

Dietmar Bell, MdL NRW

Harald Thome, Dozent für Arbeitslosen- und Sozialrecht, Wuppertal

Jan Sudhoff, Bildungsreferent für politische Bildung, Wuppertal

Prof. Dr. Ahlrich Meyer, Oldenburg

Ulrike Düwel, IG Metall Wuppertal

Arbeitskreis Regionalgeschichte e. V. aus Neustadt am Rübenberge, Region Hannover

Ruth Yael Tutzinger, Wuppertal

Jan Hertogen, Soziologe, Belgien

Jean Giot, Namur, Belgien

Prof. Dr. Manfred Brusten, Wuppertal

Mark Tykwer, Wuppertal

Cornelia Siebeck, Historikerin

Prof. Dr. Charles Coutelle, London

Helga Coutelle, London

Thomas Birg, IG Metall Bildungs- und Konferenzzentrum Sprockhövel

Horst Sassin, Solingen

Ingolf Seidel, Redakteur „Lernen aus der Geschichte“, Berlin.

Thomas Schmidt, Sprecher VVN-BdA Kreisvereinigung Solingen

Adolphe Nysenholc, Pr Dr honoraire, Université libre de Bruxelles

Eduard Adriaens,Conservateur fondateur et honoraire du musée Kazerne Dossin, Malines. Officier de l’Ordre du Roi Leopold II., Mechelen

Inge Krämer, Solingen, Sprecherin der VVN-BdA Solingen

Horst Krämer, Solingen

Jürgen Schuh, VVN-BdA Düsseldorf

Eric van Praag, Bruxelles

Paula Hirsch, Bruxelles

Edgard Gunzig, CABRIERES D’AVIGNON, FRANCE

Charles Riechert, Luxembourg

Jean Papadopoulos, Bruxelles

Daniel Kilimnik, Brussels

Catherine Taylor, Paris

Samy Kijner, Bruxelles

Jocelyne Vouloir, Psychologue, Bruxelles

Larissa Gruszow-Wozek, Bruxelles

Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

VVN-BdA  Düsseldorf

Heinz Rittermeier, DGB-Regionsvorsitzender a. D., Bochum

Gert Levy, Köln

Dr. Dieter Nelles, Wuppertal

 

„Spanien war ihre Hoffnung“ - Lebensgeschichten Wuppertaler Spanienkämpfer

Ausstellung und Begleitprogramm in der ehemaligen Konsumgenossenschaft Vorwärts – Münzstraße (25.10.16-22.11.16)

Münzstraße 53. 42281 Wuppertal (erreichbar auch über die Nordbahntrasse Bhf Heubruch)

VeranstalterInnen: Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V. in Kooperation mit dem Förderverein Münzstraße e.V. , dem Regionalbüro Arbeit und Leben DGB/VHS Berg-Mark. Gefördert von der Landeszentrale für politische Bildung NRW und der Rosa Luxemburg Stiftung NRW

Öffnungszeiten:

28.10/31.10/2.11/3.11/4.11/7.11/11.11/15.11/18.11: 17:00-19.00 Uhr

5.11/6.11/19.11/20.11: 13:00-18:00 Uhr

Führungen für Gruppen, Schulklassen etc. können über info (at) wuppertaler-widerstand.de vereinbart werden.

Ausstellungskatalog

Ausstellungsprogramm:

 

25.10.2016 17:30 Uhr Rita und Izchok Gerszt Park

Eine Erinnerungstafel für die Brüder Zuckermann

mit Angehörigen der Widerstandskämpfer

25.10.2016 19:00 Uhr Veranstaltungsraum der ehemaligen Konsumgenossenschaft Vorwärts Münzstraße

„Spanien war ihre Hoffnung“ - Lebensgeschichten Wuppertaler Spanienkämpfer

Ausstellungseröffnung mit Uli Klan (Musik) und einführendem Vortrag von Dieter Nelles

26.10.2016 17:00 Uhr Bhf Steinbeck

Gedenkfeier am 75. Jahrestag der Deportation ins Ghetto Lodz. In Erinnerung an Samuel Zuckermann und die anderen 159 Wuppertaler Juden, die am folgenden Tag über Düsseldorf mit insgesamt 1000 Menschen deportiert wurden.

22.11.2016 19:00 Uhr Veranstaltungsraum der ehemaligen Konsumgenossenschaft Vorwärts Münzstraße

Antifranquistischer Kampf und das Erbe des Spanischen Bürgerkrieges

Veranstaltung mit Alexandre Froidevaux (Berlin) und mit ehemalige Aktivist*innen des Spanischen Zentrums Essen (angefragt)

Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der RLS NRW

Für die spanische Linke war der Bürgerkrieg ein einschneidendes Ereignis. Sie machte sich verschiedene Geschichtsbilder davon: Revolution versus Konterrevolution, Schlacht gegen den Faschismus, Verteidigung der Republik, Unabhängigkeitskrieg.

Die Erinnerungen an die Jahre 1936-1939 prägten ihre Identitäten in den Jahrzehnten danach und halfen bisweilen, Aktivist_innen im Kampf gegen die Franco-Diktatur zu mobilisieren.

Die Traumata, welche die gnadenlose Repression der Sieger_innen erzeugte, und die innerlinken Kämpfe der Bürgerkriegszeit belasteten jedoch den Widerstand gegen die Franco-Diktatur.

Gegengeschichten oder Versöhnung? Erinnerungskulturen und Geschichte der spanischen Arbeiterbewegung vom Bürgerkrieg bis zur Transición (1936-1982). Heidelberg, Verlag Graswurzelrevolution, 2015.

Alexandre Froidevaux hat in Freiburg und Valencia Geschichte und Romanistik studiert. Er ist Mitglied im Gesprächskreis Geschichte der Rosa-Luxemburg-Stiftung und lebt in Berlin.

Spielfilme zum Spanischen Bürgerkrieg

1.11.2016

20:00 Uhr Jäger 90 Wuppertal-Wichlinghausen - Bartholomäusstraße 25

Fünf Patronenhülsen: DEFA-Kriegsdrama (1960) von Frank Beyer.

Drehbuch vom Wuppertaler Spanienkämpfer Walter Gorrish. U.a. mit Armin Müller Stahl, Manfred Krug und Erwin Geschonneck.

Spanien 1936 während des Bürgerkriegs: Eine Handvoll Freiwilliger der Internationalen Brigaden soll den Rückzug ihres Bataillons decken. Doch die kleine Gruppe hat kaum Munition und wird bald vom Feind umzingelt, ihr Anführer schwer verwundet. Kurz bevor dieser stirbt, befiehlt er seinen Leuten, eine Zeichnung des Aufmarschplans der Faschisten am Ebro zum Stab durchzubringen. Die Einzelteile der Zeichnung verteilt er in fünf Patronenhülsen, von denen jeder der Freiwilligen eine an sich nimmt, um anschließend in der Hitze der Sierra ums Überleben zu ringen.

5.11.2016

19:00 Uhr Am langen Handok Wuppertal-Elberfeld Marienstr. 49

Tierra y Libertad – Land and Freedom

Spielfilm von Ken Loach

Liverpool 1994: Eine junge Frau findet ihren Großvater David bewusstlos auf dem Sofa liegend, auf dem Weg ins Krankenhaus stirbt er. Nach seinem Tod findet sie auf dem Schrank einen alten Koffer mit Briefen, Zeitungsausschnitten, Fotografien und ein mit Erde gefülltes rotes Halstuch. Sie beginnt, das ihr unbekannte Leben ihres Großvaters zu rekonstruieren:

Im Jahre 1936 entschließt sich der junge Erwerbslose David, ein englischer Kommunist, nach Spanien in den Kampf gegen das Franco-Regime zu ziehen. Er schließt sich einer Gruppe der revolutionären Miliz der POUM an und erlebt an der Aragon-Front und in Barcelona die Wirren des Krieges – den ungleichen Kampf gegen die Franco-Truppen und die internen Auseinandersetzungen auf republikanischer Seite.

Spanien war ihre Hoffnung

Rund 40.000 internationale Freiwillige kämpften in den Milizen und den Internationalen Brigaden oder als JournalistInnen und PropagandistInnen auf Seiten der Republik. Darunter waren rund 9.800 Franzosen/Französinnen, 4.000 ItalienerInnen, 4.000 PolInnen, 3.000 Deutsche, 2.700 US-AmerikanerInnen und 2000 BritInnen.

Wenn deren Engagement auch heute noch weltweit nachwirkt, hat dies auch mit der literarischen und künstlerischen Verarbeitung zu tun. Es gibt vermutlich kein anderes historisches Ereignis neben dem Spanischen Bürgerkrieg, an dem Intellektuelle und SchriftstellerInnen so stark engagiert waren und als SoldatInnen gekämpft haben.

George Orwell kämpfte in einer Miliz des POUM,André Malraux organisierte eine Fliegerstaffel, Gustav Regler war politischer Kommissar, Carl Einstein kämpfte in der Columna Durruti.

Groß war die Zahl der JournalistInnen, die Spanien während des Bürgerkrieges bereisten und hofften, durch ihr Engagement die Spanischen Republik zu unterstützen. Dabei verschmolzen tendenziell die Grenzen zwischen Berichterstattung und aktiver Teilnahme. So belieferte Gerta Taro mit ihrem damaligen Lebensgefährten Robert Capa die Welt mit sensationellen Fotografien vom Krieg in Spanien. Sie, die später selbst während der Schlacht um Brunete starb, soll gesagt haben: «Wenn man bedenkt, wie viele großartige Menschen, die wir kennen, allein in dieser Offensive umgekommen sind, kommt einem der absurde Gedanke, dass es irgendwie unfair ist, noch am Leben zu sein.»

Wuppertaler Spanienkämpfer

Aus Wuppertal zogen 44 Freiwillige nach Spanien. Elf kehrten nicht zurück, sieben starben an der Front in Spanien. Ihre Biographien sind so unterschiedlich wie die damalige Wuppertaler Linke. Unter ihnen waren überzeugte Parteikommunisten wie der spätere DDR-Innenminister Friedrich Dickel oder der KPD-Bundestagsabgeordnete Walter Vesper, Anarchosyndikalisten wie Helmut Kirschey und Fritz Benner, der Sozialdemokrat Georg Karrenberg oder KPD-Mitglieder wie Arthur Gießwein, der sich im Internierungslager Gurs der antistalinistischen 9. Kompanie anschloss.

Die Mehrheit der Wuppertaler Freiwilligen kämpfte in den Internationalen Brigaden an. Fünf Freiwillige kämpften in der anarchistischen Miliz Columna Durruti.

Nach dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges waren die Freiwilligen buchstäblich über die ganze Welt verteilt. In Frankreich wurden sie unter lebensbedrohlichen Bedingungen zunächst in Internierungslagern wie Gurs eingesperrt. Bei Kriegsbeginn wurde ihnen von der französischen Regierung das Angebot gemacht, in die französische Fremdenlegion einzutreten. Die meisten KPD-Anhänger weigerten sich, sie lehnten auch in ihrer Mehrheit den Dienst in einer (zivilen) Arbeitskompanie ab. Die Anhänger der KPD setzten zum Teil auf die neuen Bündnisverhältnisse nach dem Hitler-Stalin-Pakt und folgten wie Otto Gilde nach der deutschen Besetzung Frankreichs der Direktive der KPD-Zentrale „freiwillig“ nach Deutschland zurückzukehren. Die meisten Rückkehrer wurden bis zum Kriegsende in Konzentrationslager eingesperrt.

Acht Wuppertaler Spanienkämpfer blieben in Frankreich und schlossen sich der Résistance an. Helmut Kirschey und Fritz Benner retteten sich nach Schweden. Rudolf Zuckermann gelangte nach Mexiko. Carl Coutelle arbeitete als Arzt für das Chinesische Rote Kreuz auf Seiten der Armee von Chiang Kai-shek in Südchina und Britisch-Indien. Hans Schubert und Friedrich Dickel wurden bereits im April 1937 aus Spanien abgezogen und gingen nach einer Agentenausbildung bei Moskau zum Einsatz nach Shanghai. Der Brigadekommissar der XI. Internationalen Brigade (IB) Eugen Schwebinghaus wurde am 23. April 1943 in Amsterdam verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 24. August 1944 im Gefängnis Bruchsal hingerichtet. Artur Dorf, der zeitweise Politkommissar XI. IB und Kommandeur des Etkar André Bataillons war, fiel in Ungnade und wurde degradiert. Er kämpfte nach seiner Internierung in Frankreich und Nordafrika 1943/1944 in einer Sondereinheit des amerikanischen Geheimdienst OSS, die sich auf einen Fallschirmspringereinsatz in Italien vorbereitete. Walter Vesper kämpfte er in der französischen Résistance und war an dem spektakulären Gefängnisausbruch in Castrés beteiligt.

Einige der kommunistischen Spanienkämpfer machten später in der DDR erstaunliche Karrieren. Friedrich Dickel wurde Innenminister der DDR, Walter Vesper wurde nach seiner Übersiedlung in die DDR deren Botschafter in Ungarn und in der CSSR. Der jüdische Spanienkämpfer und Kardiologe Rudolf Zuckermann hingegen, der trotz Warnungen 1953 aus dem mexikanischen Exil in die DDR ging, geriet in die stalinistische Kampagne der SED gegen sog. Westemigranten und Juden und wurde direkt nach seiner Einreise verhaftet. Zuckermann wurde später rehabilitiert und blieb in der DDR. Erst spät erhielt er eine Professur mit Lehrauftrag für Kardiologie an der Universität Halle.

Die große Hoffnung der (Wuppertaler) SpanienkämpferInnen, Hitler in Spanien zu schlagen, erfüllte sich nicht. Der Spanienkrieg wurde für die gesamte europäische ArbeiterInnenbewegung zu einer bitteren Niederlage in mehrfacher Hinsicht. Zunächst war es natürlich die vollständige militärische Niederlage. Die republikanischen Truppen konnten auf Dauer den von Nazi-Deutschland und Italien massiv unterstützten Franco-Truppen militärisch nicht genug entgegensetzen. Die Nichteinmischungspolitik Frankreichs und anderer Staaten ermöglichten den Durchmarsch von Franco und den endgültigen Sieg über die Spanische Republik.

Hart traf es die Freiwilligen auch, dass sich die Konflikte innerhalb der Linken entgegen aller Einheits- und Volksfronthoffnungen weiter verschärften. Die stalinistischen Säuberungen in der Sowjetunion warfen ihre Schatten auch auf Spanien. Spätestens nach den innerlinken Straßenkämpfen in Barcelona im Mai 1937 setzte eine Hatz auf Anarchisten, auf die linkssozialistische POUM und auf andere vermeintliche Trotzkisten ein. Der sowjetische Geheimdienst NKWD ließ in Zusammenarbeit mit dem republikanischen militärischen Geheimdienst SIM und den Abwehrleuten der KPD sog. feindliche Elemente verhaften und in nicht geringer Zahl in Geheimgefängnisse verschleppen.

Trotzdem hat der Kampf auf Seiten der Spanischen Republik auch 80 Jahre später (nicht nur) für die Beteiligten von damals einen herausragenden Platz in ihrer Geschichte. Dazu schrieb der Historiker Eric Hobsbawm:

Was Spanien für Liberale und Linke in den dreißiger Jahren bedeutete, scheint heute nur noch schwer feststellbar. Doch für viele von ihnen, die überleben konnten und heute alle in biblischem Alter sind, scheint die Verteidigung ihrer Sache in diesem Land selbst rückblickend betrachtet die einzige politische Tat gewesen zu sein, die ihre Gültigkeit bewahrt hat. (…) Damals lief für alle, die gegen den Faschismus kämpften, die entscheidende Front in Spanien. Denn es war nicht nur die einzige Front, die sich zweieinhalb Jahre lang hinzog, sondern es war auch der einzige Kampf, an dem sie als Individuen teilnehmen konnten – wenn nicht in Uniform, dann durch das Sammeln von Geldspenden, durch die Hilfe für Flüchtlinge oder durch endlose Kampagnen, um die eigenen Regierungen unter Druck zu setzen.“

Für einen Erinnerungsort für jüdische WiderstandskämpferInnen aus Wuppertal

Bürgerantrag an die BV Elberfeld vom 21.10.2016

Wir möchten unseren Antrag vom 25.1.2016 erneuern, der sich für die Einrichtung eines Erinnerungsortes für jüdische WiderstandskämpferInnen aus Wuppertal einsetzt.

 „Wir beantragen die Benennung der unbenannten Grünanlage links der Josefstraße in „Rita- und Izchok Gerszt-Park“ und regen gleichzeitig die Einrichtung eines Erinnerungsortes für jüdische WiderstandskämpferInnen aus Wuppertal an. Deren Lebensgeschichten sollen auf Informationstafeln und auf einer speziellen Website dokumentiert werden. (…) Nur wenig bekannt ist aber, dass sowohl in den Wuppertaler Widerstandsgruppen als auch im Exil zahlreiche jüdische WuppertalerInnen engagiert waren. Diese Menschen lebten und kämpften in doppelter Gefahr, bedroht als politische WiderstandskämpferInnen und als jüdische Menschen. (…) Weitere im Park zu ehrende jüdische WiderstandskämpferInnen wären z.B. Richard und Rita Barmé, Helmut Hirsch, Rudolf Zuckermann, Leo Zuckermann, Max Löwenstein, Siegmund Löwenstein, Jankel Adler, Moritz Adler, Oswald Laufer, Jacob Gilberg und Alfred Benjamin.“


Am 15. April 2016 konnte erfreulicherweise der „Rita und Izchok Gerszt-Park“ mit Angehörigen der Familie Gerszt eingeweiht werden. Jetzt möchten wir gerne mit der Installierung der einzelnen Gedenktafeln beginnen. Die Tafel für Rita und Izchok Gerszt hatten wir am Einweihungstag bereits der Öffentlichkeit präsentiert (siehe Anlage), für den 25. Oktober 2016 werden wir um 17.30 Uhr im Gerszt-Park eine zweite Tafel, diesmal über die Brüder Zuckermann, im Beisein der Familie Zuckermann aus Frankreich, der Öffentlichkeit präsentieren. Die Familie Zuckermann wird auch an der Ausstellungseröffnung „Spanien war ihre Hoffung – Lebensgeschichten Wuppertaler Spanienkämpfer“ in der ehemaligen Konsumgenossenschaft Vorwärts in der Münzstraße teilnehmen.

Unser dritter Tafelvorschlag soll dann am Holocaust-Gedenktag am 27.1.2017 vorgestellt werden. Auf dieser Tafel sollen Rita und Richard Barmé gewürdigt werden.

 

Antrag:

 Wir bitten die BV daher, sich mit den Biographien der zu ehrenden jüdischen WiderstandskämpferInnen zu befassen und einen Beschluss herbeizuführen, dass die jüdischen WiderstandskämpferInnen Rita und Izchok Gerszt, Leo und Rudolf Zuckermann, Rita und Richard Barmé im öffentlichen Raum im Elberfelder „Rita und Izchok Gerszt Park“ gewürdigt werden und inhaltlich und künstlerisch geeignete Informationstafeln im Park aufgestellt werden dürfen. Genauere Text- und Layout-Fragen sollten bei der Umsetzung mit städtischen Stellen geklärt werden.

Einladung zur Diskussion

 Die Frage nach einem eigenen Erinnerungsort für jüdische WidertstandskämpferInnen aus Wuppertal möchten wir zusätzlich auf einer Veranstaltung mit Prof. Micha Brumlik am 1. Februar 2017 um 19.00 Uhr in der Citykirche Elberfeld öffentlich diskutieren.

Zu dieser Veranstaltung möchten insbesondere die Mitglieder der BV-Elberfeld herzlich einladen.

Eine Entscheidung bis zum zum nächsten Befreiungtag am 16. April 2017 würden wir sehr begrüßen.

Anhang:

Erinnerungsort für jüdische WiderstandskämpferInnen aus Wuppertal

In Erinnerung an die Widerstandskämpfer Leo und Rudolf Zuckermann.


Die Geschichte von Rudolf Zuckermann und Leo Zuckermann ist nicht nur „ein dramatischer Stoff aus der Hochzeit des Kalten Krieges“ (Wolfgang Kießling) und des Stalinismus, sondern zugleich auch die Geschichte von zwei überzeugten jüdischen Kommunisten im Kampf gegen den Nationalsozialismus.

Die Brüder Leo (geb. 1908) und Rudolf Zuckermann (geb. 1910) wuchsen zusammen mit ihrer Schwester Dora (geb. 1928) in dem jüdischen Elternhaus von Samuel und Sophie Zuckermann geb. Maus in Wuppertal-Elberfeld auf. Die Familie war 1905 aus Lublin ausgewandert. Der Vater betrieb in der Luisenstraße 124 ein Nähmaschinengeschäft, in dem er Nähmaschinen verkaufte und reparierte.

Die Brüder waren sehr unterschiedlich. Der Ältere, Leo, interessierte sich schon als Schüler für Politik. Er war seit 1924 in der SAJ, seit 1927 in der SPD und im Reichsbanner organisiert. Während seines Jura-Studiums in Bonn arbeitete in der Leitung der Kommunistischen Studentenfraktion (Kostufra) mit und trat zur KPD über. Rudolf, der an der gleichen Oberrealschule wie Leo sein Abitur machte, wollte eigentlich Architekt werden. An einer Schule nahm er Unterricht in Formlehre und Kopfzeichnen. Er liebte Musik und bildende Kunst. Erst der väterliche Rat brachte ihn zum Medizinstudium.
Leo kehrte nach seiner Promotion 1932 nach Wuppertal zurück, um sein Referendariat bei der Staatsanwaltschaft in Wuppertal anzutreten. In diesem Jahr übernahm er auch die politische Leitung des Jüdischen Arbeiterkulturvereins in Wuppertal.

Rudolf konnte sein Medizinstudium nicht mehr in Deutschland abschließen. Nach dem Reichstagsbrand emigrierten beide Brüder nach Frankreich. Auch die Mutter und Schwester flohen aus dem Machtbereich der Nazis in die Nähe von Paris. Nur der Vater wollte vorerst die Stellung in Nazi-Deutschland halten. In Paris trafen sich die beiden Brüder wieder, auch hier gingen sie wieder sehr unterschiedliche Wege. Rudolf setzte sein Medizin-Studium in Paris und dann später in Basel fort, während Leo juristischer Berater der KPD-Landesleitung wurde, und in dieser Funktion unter dem Decknamen Leo Lambert wichtige Funktionen im Pariser Exil bekleidete: Er war zunächst Mitarbeiter beim »Verteidigungskomitee für die Angeklagten im Reichstagsbrandprozeß«, später auch Sekretär im »Weltkomitee gegen Faschismus und Krieg«. Als Jurist war er für das „Hilfskomitee für deutsche Emigranten in Paris, als Sekretär des Internationalen Asylrechtsbüros, als Mitglied der Flüchtlingskommission beim französischen Innenministerium und im Beirat des Hohen Kommissars für Flüchtlinge beim Völkerbund in Genf tätig. In Paris lernte Leo auch seine spätere Ehefrau die Französin Lydia Staloff kennen.

Rudolf hatte im Januar 1937 in Basel sein Studium mit einer Promotion abgeschlossen. Er meldete sich für den Einsatz bei den Internationalen Brigaden und war zunächst als Regimentsarzt tätig, später wurde er dem Garibaldi-Bataillon der XII. IB zugeteilt. Bei dieser Einheit erlebte er den direkten Fronteinsatz u.a. an der Aragon-Front, an der Front von Estremadura und bei den Kämpfen am Ebro. Später arbeitete er u.a. im Sanatorium für Interbrigadisten in Madrid. Nach der endgültigen Niederlage verließ er Spanien und wurde im Februar 1939 in St.-Cyprien interniert.

Leo Zuckermann erlebte den Kriegsbeginn am 1.9.1939 in den USA, um an einer Flüchtlingskonferenz teilzunehmen. Er wurde von seiner Partei nach Frankreich zurückgerufen. Zurück in Frankreich wurde er kurzzeitig interniert, dann aber wegen seiner französischen Ehefrau freigelassen.
Rudolf Zuckermann konnte das Internierungslager der Spanienkämpfer bereits nach 14 Tagen verlassen. Er fand Aufnahme bei seinem Bruder Leo und seiner Mutter. In Paris traf er auch Henny Schönstedt wieder, die er bereits von früher kannte und die er 1941 heiraten sollte.
Schließlich gelang es Leo und Rudolf, sich nach verschiedenen Internierungen über Marseille nach Casablanca abzusetzen. Im November 1941 verließen sie mit ihren Familien und anderen deutschen Flüchtlingen auf einem Schiff Nordafrika und emigrierten nach Mexiko.

Rudolf begann in Mexiko-Stadt als Arzt zu praktizieren und wurde quasi zum Hausarzt des deutschen Exils. Entscheidender für sein späteres Leben war 1945 seine Berufung als Forscher in die damals modernste Herzklinik der Welt, in das Instituto Nacional de Cardiologia.
Leo war als Anwalt tätig und engagierte sich in den diversen Exilorganisationen wie dem Heinrich Heine Club usw. und hielt auch Kontakt zur Jüdischen Gemeinde in Mexiko.
Zusammen mit Paul Merker setzte er sich für eine angemessene Entschädigung für die jüdische Opfergruppe ein, er entwarf später sogar ein Wiedergutmachungsgesetz für das neue demokratische Deutschland.

Dieses neue Deutschland nahm für die überzeugten Kommunisten im mexikanischen Exil in der SBZ bzw. in der DDR Gestalt an. Ende Mai 1947 verließ zunächst Leo Zuckermann mit einem sowjetischen Handelsschiff Mexiko. Im gleichen Jahr erhielt Rudolf Zuckermann eine erste Einladung aus Ostberlin und ein Angebot für einen Lehrstuhl. Er folgte dem Ruf aber nicht, weil er noch mit wichtigen Forschungsarbeiten beschäftigt war, und um abzuwarten, welche Erfahrungen sein Bruder Leo machte, der sehr schnell politische Karriere als Berater der politischen Führung machte. Er war u.a. Mitautor der DDR-Verfassung. Nach der Gründung der DDR wurde er zum Staatssekretär und Leiter der Präsidialkanzlei des Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck ernannt. Spätestens Ende 1950 zogen aber auch in der DDR die dunklen Wolken des stalinistischen Antisemitismus  auf. Vor dem Hintergrund der Noel-Field-Affäre musste Leo Zuckermann aber 1950 wegen seiner Westemigration und seiner Kontakte zu Paul Merker seine Dienststellung bei Pieck aufgeben. Nach dem Slánský-Prozess Ende November 1952 in Prag, der mit 11 Todesurteilen gegen vorwiegend jüdische Angeklagte endete, und der Verhaftung von Merker wurde auch Leo Zuckermann parteioffiziell zu einem „zionistischen Agenten“ erklärt. Leo regierte schnell und flüchtete am 15.12.1952 mit seiner Familie nach Westberlin. Am Morgen des 22.12.1952 erhielt Rudolf Zuckermann in Mexiko-Stadt, ein Telegramm von Leo mit der Bitte um »Dringende Hilfe und Reisegeld.« In einem Brief an Rudolf formulierte er: »Ich musste mein Leben retten. Ich flehe Dich an, uns zu helfen. Ich habe noch nie etwas von Dir verlangt. Jetzt bist Du mein einziger Rückhalt. Ich bin verzweifelt und kopflos. Was soll ich eigentlich nun tun? Wir irren mit den Kindern durch die Straßen. Ich habe nur die Kleider am Leib. Ich will zu Dir nach Mexiko. Unterbrich Deine Arbeit. Nimm Schulden auf (…) . Ich werde sie abarbeiten.«

Im gleichen Zeitraum hatte sich gerade Rudolf Zuckermann in Mexiko zur Übersiedlung in die DDR entschlossen. Seine Frau Henny mit ihrem Sohn war schon im Juli 1952 vorab in die DDR eingereist. Trotz der Flucht seines Bruders und der schon laufenden Säuberungswellen gegen Juden und Westemigranten beharrte er im Januar 1953 auf seinem Beschluss zurückzukehren. Hilfsgesuche seines geflüchteten Bruders lehnte er brüsk ab und reiste aus Mexiko ab.

Bereits in Prag wurde Zuckermann festgenommen und in die DDR gebracht. Der Vorwurf der zunächst sowjetischen Vernehmer war, er wäre in die DDR gekommen, um das feindliche Werk seines republikflüchtigen Bruders fortzuführen und er hätte geplant, als Herz-Spezialist hohe Parteifunktionäre zu töten. Als Beweismittel dienten Medikamente und Injektionsnadeln aus seiner Arzt-Tasche. In der totalen Isolation der Haft sollte er seine Mordpläne gestehen. Nach Stalins Tod und dem 17. Juni 1953 veränderten sich die Verhöre. Am 20.8.1953 begann das MfS mit Zuckermann über seine Freilassung zu verhandeln. Er sollte eine Schweigeverpflichtung unterschreiben und sich als Geheiminformant des MfS verpflichten. Er willigte ein und wurde freigelassen. Er sollte sich nie mehr von diesem Alptraum erholen. Er blieb in der DDR, trat aber 1956 aus der SED aus. Schließlich konnte er doch noch an seine wissenschaftlichen Arbeiten in Mexiko anknüpfen.1957 habilitierte er sich und erhielt 1962 einen Lehrstuhl für Kardiologie in Halle. Seinen Bruder Leo, der über Westdeutschland wieder zurück nach Mexiko gegangen war, hat er nicht mehr wiedergesehen. Am 29.4.1995 ist Rudolf Zuckermann gestorben.

Leo Zuckermann arbeitete in Mexiko wieder als Anwalt, wurde Inhaber einer Schallplattenfirma und war zeitweise Gastprofessor an der Universität. Er starb am 14. November 1985 in Mexiko-Stadt.

Samuel Zuckermann, der seine Familie in Frankreich häufiger besucht hatte, kam nicht mehr rechtzeitig aus Deutschland heraus. Er wurde am 26.10.1941 nach Lodz deportiert und am 8.5.1942 in Kulmhof vergast. Auch Sophie Zuckermann fiel den Nazis zum Opfer. Sie wurde nach dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich verhaftet und über Drancy am 11.11.1942 nach Auschwitz deportiert, wo sie wahrscheinlich am 16.11.1942 ermordet wurde. Die Schwester Dora hingegen überlebte versteckt bis zur Befreiung.

Literatur:

Karin Hartewig: Zurückgekehrt. Die Geschichte der jüdischen Kommunisten in der DDR, Köln u.a. 2000.
Wolfgang Kießling: Absturz in den kalten Krieg : Rudolf und Leo Zuckermanns Leben zwischen nazistischer Verfolgung, Emigration und stalinistischer Maßregelung. (Hefte zur DDR-Geschichte, 57). Helle Panke, Berlin 1999.
Wolfgang Kießling: Partner im Narrenparadies Berlin 1994.
Dieter Schwartze: Rudolf Zuckermann – Brückenbauer zwischen Europa und Lateinamerika – Ein Beitrag zur Entwicklung der Kardiologie in Deutschland, Halle 2010.
Dieter Schwartze: Zur Erinnerung an Rudolf Zuckermann (2. Oktober 1919 − 29. April 1995) Ärzteblatt Sachsen-Anhalt 10 (1999) S. 57.
Andreas Weigelt, Hermann Simon (Hg.): Zwischen Bleiben und Gehen. Juden in Ostdeutschland 1945 bis 1956. Zehn Biographien Berlin 2009.

Für eine „Martin Gauger – Brücke“ am Wuppertaler Landgericht

Bürgerantrag an die Bezirksvertretung Elberfeld

„Ich kann mich an einem Krieg nicht beteiligen, der alles zerstört, was mir teuer ist!“ (Martin Gauger)

Am 15. Juli 1941, heute vor fast 75 Jahren, wurde der Wuppertaler Jurist und Kriegsdienstverweigerer Martin Gauger in der Euthanasieanstalt Pirna vergast.

„Martin Gauger war der einzige Jurist in Deutschland, der nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten den Treueid auf Adolf Hitler (1889-1945) verweigerte. Der überzeugte Pazifist unternahm nach Erhalt seines Musterungsbescheids 1940 einen Suizidversuch und floh danach in die Niederlande. Bei einem Rückkehrversuch wurde er verhaftet und nach 1941 in das KZ Buchenwald überstellt. Von dort wurde er mit einem „Invalidentransport“ in die NS-Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein gebracht und vergast.“

(Klaus Schmidt: Martin Gauger (1905-1941), Jurist, Kriegsdienstverweigerer, NS-Opfer)

Wir möchten an diesen mutigen Menschen erinnern und regen daher an, die die (bisher namenlose) Wupper-Brücke am Landgericht nach Martin Gauger zu benennen. Die Brücke führt vom Hofkamp Richtung Hartmannufer.

Wir bitten um breite Unterstützung für die Umbenennung und um eine zeitnahe Umsetzung.

Bereits für den 15. Juli 2016 veranstalten wir um 15:00 Uhr eine kleine Gedenkfeier an dem Grab von Martin Gauger auf dem Alten Lutherischen Friedhof an der Hochstraße.

Es sprechen:

Ursula Tangen (Familie Gauger)

Andreas Mucke, Oberbürgermeister

Prof. Heinz Sünker

Dieter Nelles

Jochen Denker, Pfarrer

Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V.

Zur Biographie:

Martin Gauger, geboren am 4.8.1905 in Elberfeld, wuchs in einer pietistisch geprägten Pfarrer-Familie auf, die zunächst deutsch-national orientiert war. Sein Vater, Pfarrer Joseph Gauger, war Direktor der Schriftenmission der Evangelischen Gesellschaft in Deutschland und gab u.a. die Zeitschrift „Licht und Schatten“ heraus.

Von 1924 bis 1930 studierte Martin Gauger Wirtschafts- und Rechtswissenschaft. Nach dem Referendariat wurde er im Januar 1934 Assessor der Staatsanwaltschaft am Landgericht in Wuppertal und Mönchengladbach.

Nach dem Tod Hindenburgs und der bevorstehenden Zusammenlegung der Ämter von Reichspräsident und Reichskanzler warnte Martin Gaugers Vater in seiner Zeitschrift davor und plädierte für die Erhaltung getrennter Ämter. Durch Postkontrolle fing die Gestapo das Manuskript ab, verhaftete Joseph Gauger am 14. August 1934 und verbot die Zeitschrift befristet.

Das Vorgehen der Gestapo gegen den Vater war nach Ansicht von Historikern für Martin Gauger der letzte Anlass, den für alle Beamten gesetzlich vorgeschriebenen Treueid auf Hitler am 20. August 1934 zu verweigern. Am 25. August 1934 teilte er dem Landgerichtspräsidenten in Wuppertal mit, dass er aus Gewissensgründen sich nicht in der Lage gesehen habe, den Eid zu leisten. Er bat um seine Entlassung aus dem preußischen Justizdienst, die am 7. September 1934 erfolgte.

Martin Gauger musste sich neu orientieren. Nach vielen gescheiterten Bewerbungen konnte er zunächst mit dem innerkirchlich brisanten Thema „Bekenntnis und Kirchenregiment in ihrer Beziehung zueinander“ promovieren. Nur wenige Monate später beschlagnahmte eine Prüfungskommission die Dissertation als „schädliches und unerwünschtes Schrifttum“. Trotzdem konnte Gauger eine Stelle bei der Ersten Vorläufigen Kirchenleitung der Deutschen Evangelischen Kirche antreten. Ab Juni 1935 leitete er die Rechtsabteilung weitgehend selbstständig. Nach der Spaltung der Bekennenden Kirche wurde Gauger Justiziar beim Lutherrat.

Nachdem 1938 auch der Lutherrat von NS-Funktionären als illegal bezeichnet worden war, begann für Gauger eine neue Phase. Er lehnte Kompromisse, die er bisher aus Loyalität gegenüber den lutherischen Bischöfen mitgetragen hatte, ab und suchte vielfältige Beziehungen zum Widerstand. Gauger lernte z.B. den sozialdemokratischen Juristen und Widerstandskämpfer Ernst Fraenkel kennen. Mit ihm diskutierte er intensiv straf- und verfassungsrechtliche Fragen, etwa die Strafverteidigung politisch Verfolgter, vor allem aber den NS-Staat als Doppelstaat, der die Norm des Gesetzes durch Willkürmaßnahmen der Gestapo unterlaufe. Gauger soll Fraenkel auch geholfen haben, an falsche Papiere zu gelangen.

Durch den Berliner Gefängnispfarrer Harald Poelchau, einen Freund der Familie Gauger, hatte er inzwischen Hermann Stöhr (1898-1940), den Stettiner evangelischen Kriegsdienstverweigerer kennengelernt. Als sein eigener Entschluss, den Kriegsdienst zu verweigern, im Lutherrat bekannt wurde, löste Bischof Meiser das Dienstverhältnis. Als er dann im April 1940 den Gestellungsbefehl erhielt, schrieb er: „Ich habe einige Zeit angenommen, ich könnte diesen Krieg ertragen, wenn ich nicht mit der Waffe dienen müsste, aber das ist doch ganz eng und falsch gedacht und eigentlich auch feig.“ Und er fügte hinzu: „Ich kann diesen Krieg nicht fördern, ich kann nicht helfen, dass das Meer von Blut und Tränen noch andere Länder überflutet.“

Um seiner Mutter die Last eines Kriegsgerichtsverfahrens zu ersparen, versucht sich Gauger das Leben zu nehmen. Im Abschiedsbrief an seinen Bruder Siegfried Gauger, schrieb er am 25. April 1940: „Ich soll dem Krieg dienen, den ich doch aus tiefster Seele ablehne. Ich halte ihn für keinen Verteidigungskrieg, sondern für einen Angriffskrieg. Ich weiß, dass Du mir in meinem Entschluß und in seiner Begründung nicht folgst; aber Du verstehst, dass es sich um eine Gewissensentscheidung handelt […] Aber was soll ich tun? Kann ich mich an einem Krieg beteiligen, der alles zerstört, was mir teuer ist? Ich kann es nicht, ich kann mich an der Zerstörung nicht beteiligen. […] Aber – es muß sein, und wenn einmal der Nebel sich zerteilt hat, in dem wir leben, dann wird man sich fragen, warum nur einige, warum nicht alle sich so verhalten haben.“

Doch der Suizid in der Nacht vom 25. zum 26. April misslang. Aber Martin Gauger gab nicht auf. Er setzte nun alles auf eine Flucht in die Niederlande. Mit Hilfe seines Bruders Joachim reiste er am 30. April 1940 nach Wuppertal- Elberfeld. In der Nacht vom 6. zum 7. Mai durchschwamm Martin Gauger den Rhein. Am 9. Mai kam er auf holländisches Territorium und wurde von der niederländischen Militärpolizei verhaftet. Am nächsten Morgen, dem 10. Mai 1940 überfiel die deutsche Wehrmacht die Niederlande. An die Fortsetzung der Flucht nach England war nun nicht mehr zu denken. Er änderte seinen Plan und versuchte, wieder nach Deutschland und von dort in die Schweiz zu entkommen. In der Nacht zum 19. Mai wurde er von der deutschen Militärstreife bei Kleve festgenommen. Bei einem Fluchtversuch wurde ihm in die Beine geschossen. Am 22. Mai 1940 wurde er ins Gefängnislazarett in Düsseldorf-Derendorf verlegt.

Als seine Mutter, der Vater war bereits 1939 gestorben, am 18. Juni erfuhr, dass ihr Sohn Martin noch lebt und im Gefängnis in Düsseldorf sei, ließ sie nicht locker, bis sie eine Besuchserlaubnis bekam. Gleichzeitig bemühte sie sich um einen Anwalt. Die Familie hoffte, Martin der Willkür der Gestapo zu entziehen, indem er von einem Gericht verurteilt wird.

Doch dazu kam es nicht. Auf Drängen der Düsseldorfer Gestapo wurde Gauger am 9. Juni 1941 ins KZ Buchenwald verlegt. Weil das für Gauger höchste Gefahr bedeutete, bat die Mutter die Bischöfe Meiser und Wurm, sich für ein Gerichtsverfahren einzusetzen. Doch sie lehnten ab.

In Buchenwald wurde Gauger einer Strafkompanie zugeteilt, die unter härtesten Bedingungen in einem Steinbruch arbeiten musste. Im KZ Buchenwald gelang es Alfred Leikam, einen jungen Christen aus Württemberg, trotz schärfster Isolation einige Male mit Martin Gauger zu sprechen, bevor er am 14. Juli 1941 mit 90 Häftlingen in die Euthanasie-Anstalt auf dem Sonnenstein bei Pirna gebracht und dort in einer Gaskammer ermordet wurde. Leikam berichtete später über Gaugers Zweifel: „Es wurde ihm schwer, seinen Glauben an die Gerechtigkeit Gottes hochzuhalten… Er vermochte es nicht zu verstehen, dass bis weit in die Kreise der bekennenden Christenheit hinein der Nationalsozialismus immer noch Anerkennung fand, obwohl in der Kriegsführung, in der Handhabung der KZ-Lager und in dem gesamten Rechtsgebahren Niedertracht und Gemeinheit ganz offen zutage traten.“

Die Biographie wurde zusammengestellt aus:

Klaus Schmidt: Martin Gauger (1905-1941), Jurist, Kriegsdienstverweigerer, NS-Opfer http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/G/Seiten/MartinGauger.aspx

Ansprache des Gauger-Experten Dr. Hartmut Ludwig

http://www.bayern-evangelisch.de/downloads/ELKB-Gauger-Gedenkakt-Ansprache-Hartmut-Ludwig.pdf

Martin Gauger: http://de.evangelischer-widerstand.de/html/view.php?type=biografie&id=10

Literatur

Böhm, Boris, „Die Entscheidung konnte mir niemand abnehmen“. Dokumente zu Widerstand und Verfolgung des evangelischen Kirchenjuristen Martin Gauger. Reihe Lebenszeugnisse – Leidenswege; Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft, Dresden 1997.

Forck, Bernhard Heinrich, und folget ihrem Glauben nach. Gedenkbuch für die Blutzeugen der Bekennenden Kirche, hg. im Auftrag des Bruderrates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Stuttgart 1949, S. 49-57,

Leber, Annedore, Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand / Ges. von Annedore Leber. hg. in Zusammenarbeit mit Willy Brandt u. Karl Dietrich Bracher, Berlin/Frankfurt a.M. [1954], 9. Auflage, 1960, S. 108-110.

Ludwig, Hartmut, Gradlinig und unbeugsam. Ein Staatsanwalt und Kirchenjurist verweigerte sich dem NS-Regime, in: Nachrichten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern Nr.10, Oktober 2007, S. 322–325.

Ludwig, Hartmut, Kriegsdienstverweigerer und „Staatsfeind“. Der konsequente Weg des Kirchen-Juristen und Widerstandskämpfers Martin Gauger, in: Norden, Günther van/Schmidt, Klaus (Hg.), Sie schwammen gegen den Strom. Widersetzlichkeit und Verfolgung rheinischer Protestanten im „Dritten Reich“, 2. Auflage, Köln 2006, S. 123-126.

Ludwig, Hartmut, „Wir sind Staatsfeinde“, in: Lutherische Monatshefte 1995, Nr. 9, S. 26-29.

Mensing, Björn/Rathke, Heinrich, Mitmenschlichkeit, Zivilcourage, Mitmenschlichkeit. Evangelische Opfer von Nationalsozialismus und Stalinismus, Leipzig 2003, S. 66-68.

Schnöring, Kurt, Martin Gauger, in: Wuppertaler Biographien, 14. Folge ,1984, S. 17-20.

 

Wuppertal dankt Amsterdam

Auf den Spuren des Centraal Wuppertal Comité – Widerstand, Gewerkschaftsprozesse, Internationale Solidarität vor 80 Jahren

Unter diesem Titel fand am 23. April im Verzetsmuseum (Widerstandsmuseum) in Amsterdam ein denkwürdiges Symposium statt. Organisiert und eingeladen hatten der „Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal“ und das “Center for International Studies in Social Policy and Social Services” der Universität Wuppertal (Dr. Stephan Stracke und Prof. Dr. Heinz Sünker). Das Centraal Wuppertal Comité (CWC – Zentrales Wuppertal Komitee) wurde offiziell im Januar 1936 in Amsterdam im Zeichen von „Einheitsfront und Volksfront gegen Krieg und Faschismus“ gegründet. Die Anregung der Internationalen Roten Hilfe über die Niederländische Kommunistische Partei und die Exilorganisation der KPD, die einzelnen Solidaritätskomitees überparteilich zu bündeln, war auf überzeugte Gegner des Nationalsozialismus im (linken) bürgerlichen, pazifistisch und feministisch orientierten, in Einzelfällen auch im christlichen und sozialdemokratischen Lager der Niederlande gestoßen.

Von deutschen Flüchtlingen engagierten sich u.a. die Sozialdemokraten Erich Kuttner und Franz Vogt, die Kommunisten Wilhelm Knöchel, Werner Kowalski und Friedrich Rüddenklau sowie Theo Hespers von der Bündischen Jugend / Zeitschrift „Kameradschaft“ – sie wurden tödliche Opfer des NS neben sieben niederländischen Aktivisten – diese alle auch jüdischer Herkunft –, darunter die Vorsitzende Selma Meyer, Sozialdemokratin, Pazifistin, Feministin mit internationalem Netzwerk.

Ziel des CWC bei Gründung war es, international moralische und finanzielleUnterstützung einzuwerben für die Männer und Frauen, die seit Anfang 1935 im Wuppertaler Industriegebiet verhaftet worden waren, und für deren Familien. Bis Ende 1936 betrug die Zahl der Verhafteten mehr als 1900. Gegen rund 800 von ihnen – mindestens 17 waren bereits bei den Verhören der Gestapo ums Leben gekommen – wurden Gerichtsverfahren wegen „Hochverrat“ angestrengt, in den meisten Fällen wegen des Versuchs, innerhalb der Deutschen Arbeitsfront (DAF) Zellen des im Mai 1933 verbotenen Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) wieder aufzubauen.

Die meisten vor dem Volksgerichtshof geführten „Gewerkschaftsprozesse“ – so der in die Historiographie eingegangene Terminus – endeten mit mehrjährigen Gefängnis- und Zuchthausstrafen, in nicht wenigen Fällen folgte anschließend die Überführung in ein KZ. Das CWC breitete im Frühjahr 1936 seine überparteilichen Aktivitäten bis nach Hamburg aus. Es arbeitete mit Studenten-, Gewerkschafts- und juristischen Organisationen im In- und Ausland zusammen; mit Hilfe des Internationalen Roten Kreuzes unterstützte es u.a. Carl von Ossietzky im KZ Esterwegen; die publizistischen Kampagnen erreichten selbst US-amerikanische Medien.

Mit 106 Symposium-TeilnehmerInnen, darunter insgesamt 20 ehemalige WiderständlerInnen, Nachfahren und weitere Verwandte von niederländischen und in die Niederlande geflüchteten deutschen Akteuren des CWC war am 23. April der Saal des Verzetsmuseums bis etwas über die Grenze der von der Feuerwehr erlaubten Kapazität gefüllt.

Eine ansehnliche Delegation war per Bus aus Wuppertal angereist, um mit allen Anwesenden des CWC, seiner Promotoren und der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Stephan Stracke führte in Erforschung und Geschichte des CWC ein; ihm folgte Heinz Sünker. Ursula Langkau-Alex, die das Internationale Institut für Sozialgeschichte in Amsterdam vertrat und ein paar Dokumente aus dessen „Collectie Centraal Comié Wuppertal“ an den Saalwänden zur Schau stellte, umriss den politischen Rahmen des Comités.

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern mahnten zu Wachsamkeit gegen Populismus und Radikalismus, zu Solidarität mit den Flüchtlingen und allen Opfern von Gewalt, Rassismus, politischer Verfolgung und Katastrophen: Sabine Graf, Vizevorsitzende des DGB in NRW; Josef Neumann, SPD-Landtagsabgeordneter in NRW und Mitglied des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarates; Gerd-Peter Zielezinski, Stadtverordneter für die Linkspartei in Wuppertal; Jochen Vogler, u.a. Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA). Katja B. Zaich dolmetschte die Beiträge.

Beherrscht emotional wurde es gegen Ende: die 92jährige Mirjam Ohringer – sie verstarb 5 Wochen später – skizzierte in fließendem Deutsch die allgemeinen und die persönlich erlebten Implikationen des Widerstands. Peter Alma, geboren 1941, und seine ein Jahr jüngere Schwester Sinja erinnerten, ebenfalls in deutscher Sprache, Erzählungen über ihre Kleinkindheit von Verwandten und von ihrer Mutter Aleida (Lie) Alma-Heijnen, die 1943/44 unter der deutschen Besatzung eine Haftstrafe wegen ihrer Öffentlichkeitsarbeit für das CWC verbüßen musste: „Meine Mutter hat mich von ihrer Gefängniszelle aus zum ersten Mal laufen sehen“ (Sinja Alma).

Die im selben Jahr wie Mirjam Ohringer geborene Ans Samama-Polak gedachte ihres Vaters Leo Polak, Professor für Philosophie und Strafrecht an der Universität Groningen: Er schickte seine Familie noch vor der deutschen Besetzung in die Emigration, blieb selbst aber im Lande, um im Falle eines Falles solidarische Hilfe zu leisten; er kam im Dezember 1941 im KZ Sachsenhausen um. Von dem psychischen Druck, Tochter eines Vaters zu sein, der das Schicksal seines Vaters nicht verwinden kann, sprach Nora Hespers, Enkelin von Theo Hespers, im Beisein ihres Vaters, Dirk Hespers. Dessen zur Gitarre gesungenen Lieder waren ein versöhnender Abschluss.

Ursula Langkau-Alex, Amsterdam
(Nachrichtenbrief der Gesellschaft für Exilforschung www.exilforschung.de)

https://www.facebook.com/selma.meyer.90/media_set?set=a.1627496304240887.1073741828.100009415983919&type=3

 

Einladung zur Veranstaltung und gleichzeitig zu einem (regionalen) Vernetzungstreffen von Historiker*innen, Archäolog*innen, Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen, Geschichtsvereinen und Geschichtsinteressierten

75. Jahrestag des Massakers in Bialystok/Polen

27.6.2016 17.30 Uhr Polizeipräsidium Wuppertal

Am 27.Juni 1941 ermordeten Angehörige eines Polizeibataillons unter Beteiligungvon Wuppertaler Polizisten etwa 700 Juden in Bialystok. Wer aus dem Gebäude fliehen wollte, wurde von Polizisten erschossen.

Um 17:30 Uhr wollen wir Blumen am Polizeipräsidium niederlegen.

„Grabe wo du stehst!“ Kritische Polizeigeschichte auch bei uns?

Veranstaltung undVernetzungstreffen mit Klaus Dönecke von der Initiative  "Geschichte am Jürgensplatz" Verein zur Aufarbeitung der Düsseldorfer Polizeigeschichte

27.6.2016 19:00 Uhr bei Arbeit und Leben DGB/VHSBerg-Mark in Wuppertal-Elberfeld, Robertstr. 5A

71 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus ist eine ausreichende Aufarbeitung der NS- Verbrechen und die Würdigung aller NS-Opfer in unseren Städten noch nicht vollendet. Wir wissen aber, dass in vielen Städten unserer Region engagierte Einzelpersonen und Geschichtsvereine, HistorikerInnen und Institutionen weiter in diesem Themenfeld arbeiten und in diesem Zusammmenhang die Geschichte der Wuppertaler Polizei in der NS-Zeit genauer untersuchen.

Es gibt mittlerweile zahlreiche Initiativen und gute Ideen für eine kritische Forschung und historisch-politische Bildungsarbeit.

Da wir zurzeit versuchen, einen Erinnerungsort im Burgholz, der die Opfer des Massakers würdigt, zu schaffen, haben wir in diesem Zusammenhang Klaus Dönecke von der Initiative "Geschichte am Jürgensplatz" - Verein zur Aufarbeitung der Düsseldorfer Polizeigeschichte, eingeladen.

Klaus Dönecke ist Hauptkommissar und erforscht seit einigen Jahren außerordentlich engagiert die Verbrechensgeschichte der Düsseldorfer Polizei und der Düsseldorfer Polizeibataillone. Er wird uns von seiner Arbeit erzählen. Sein Bericht kann für uns Anregung sein, uns auch auf die Spuren der lokalen NS-Täter und ihrer Verbrechen zu begeben.

Hintergrundinformationen zu Klaus Döne:

http://www.geschichte-am-jürgensplatz.de

Lokalzeit Duesseldorf 25 05 2016 https://www.youtube.com/watch?v=-1lZF0PKZBc

http://www.express.de/duesseldorf/hauptkommissar-deckt-auf-die-furchtbaren-verbrechen-von-duesseldorfer-polizisten-im-dritten-reich-2134896

http://www.derwesten.de/nrz/staedte/duesseldorf/verbrecher-in-uniform-die-nazi-vergangenheit-der-polizei-duesseldorf-id6621525.html

Im zweiten Teil der Veranstaltung soll Zeit sein, über weitere Projekte zu sprechen.

Dabei ergibt sich hoffentlich das Bedürfnis, sich regional zu vernetzen und gemeinsame Projekte zu starten, um so effektiv über den Tellerand zu schauen.

Wir möchten z.B.

1. unsere Suche nach weiteren Massengräbern im Burgholz vorstellen.

2. Remscheider und Münsteraner Kollegen arbeiten an Studien über die Zuchthäuser in Remscheid-Lüttringhausen und Münster. Wer forscht zu dem Gefängnis Wuppertal-Bendahl?

3. Für den Herbst wird es eine Ausstellung über die Wuppertaler Spanienkämpfer geben. Vielleicht gibt es ähnliche Projekte auch in anderen Städten? Es gibt erste Überlegungen, um gemeinsame Projekte zur November-Revolution und zum Kapp-Putsch anzuschieben.

4. Auch gibt es schon länger die Idee und den Wunsch, die Opfer der Euthanasie-Morde angemessen zu würdigen und auf eine gemeinsame Spurensuche mit Angehörigen nach Hadamar und Meseritz-Obrawalde zu gehen.

Wir sind gespannt auf Ihre und Eure Vorschläge und Projekte!

Lieselotte Bhatia

Jan Sudhoff, Regionalbüro Arbeit und Leben DGB/VHS Berg-Mark

Stephan Stracke, Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertale.V.

Zum Burgholz:

http://www.njuuz.de/beitrag33971.html

http://www.njuuz.de/beitrag34035.html

https://issuu.com/akvergesseneorte/docs/vergessene_orte_trassentour_2

 

Broschüre “Vergessene Orte” 2. erweiterte Auflage erscheint…

Wir sind sehr erfreut, dass wir pünktlich zur Sommersaison eine erweiterte und korrigierte Broschüre vorlegen können. Diesmal haben wir uns geographisch u.a. auch den „vergessenen Orten“ an der Samba-Trasse, am Arrenberg und im Zooviertel angenommen.

Eine Trassentour auf den Spuren der NS-Zeit in Wuppertal

Die Broschüre stellen wir am Sonntag, den 5. Juni 2016 auf einer Fahrradtour vor. Treffpunkt ist 14:00 Uhr am ehemaligen Bahnhof Burgholz auf der Samba-Trasse.

Die Broschüre zum Anschauen gibt es hier zum Download oder unter https://issuu.com/akvergesseneorte/docs/vergessene_orte_trassentour_2

Ab Sonntag werden wir die Broschüre auch in Papierform verteilen können.

Seit der 1. Auflage der Broschüre im Dezember 2014 finden sich erfreulicherweise ein paar neue Gedenktafeln und Erinnerungsorte im Stadtbild. Insbesondere die eindrucksvolle Einweihung der großen Gedenktafel am ehemaligen Durchgangslager am Giebel, die wir im letzten Jahr gemeinsam mit ehemaligen niederländischen Zwangsarbeitern aus Roermond und Helden-Panningen und  der Jugendwerkstatt Alpha e.V. durchführen konnten, hat uns sehr berührt.

Auch die Einweihung des Rita und Izchok Gerszt Parks ist trotz mancher Widerstände geglückt und wir versuchen dort mittelfristig einen Erinnerungsort für jüdische WiderstandskämpferInnen zu etablieren.

Seit nunmehr 17 Jahren organisiert unser Geschichtsverein mit dem etwas umständlichen Namen Gedenkfeiern, Zeitzeugenveranstaltungen, Geschichtsprojekte und vieles mehr. Wir haben Bücher veröffentlicht, zuletzt zum Wenzelnberg- und Burgholz-Massaker und wir haben uns eingemischt, z.B. in öffentliche Geschichtsdebatten oder mit einem neu geschaffenen Denkmal der Namen im Deweerthschen Garten.

Und wir streiten weiter für eine angemessene Würdigung aller NS-Opfer (Gruppen) im öffentlichen Raum und gleichzeitig für eine Täterforschung, die nach 71 Jahren endlich für eine kritische Polizeigeschichte in Wuppertal sorgt.

Wir sind daher sehr erfreut, dass die Bethe-Stiftung, die bereits 2011 unser Wuppertaler Gedenkbuch-Projekt (gedenkbuch-wuppertal.de) und das Besuchsprogramm für NS-Opfer unterstützt hat, sich bereiterklärt hat unsere Geschichtsarbeit mit einer Spendenverdopplungsaktion zu unterstützen.

Also, jede Spende, die wir einwerben können oder im Sammeltopf landet, wird verdoppelt und hilft uns bei der Finanzierung weiterer Projekte!

Wir haben noch viel vor, z.B. die Schaffung eines Erinnerungsortes für jüdische WiderstandskämpferInnen aus Wuppertal oder die Organisation einer Gedenkreise zum 75. Jahrestag des Synagogen-Massakers in Bialystok, das u.a. Wuppertaler Polizisten zu verantworten haben. Für den November 2016 planen wir zudem eine kleine Ausstellung zu den Wuppertaler Spanienkämpfern.

Die Spendenaktion läuft insgesamt 3 Monate. Spendenquittungen fürs Finanzamt können ausgestellt werden.

Kontoinhaber: Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V.

Kontoverbindung: DE31 3305 0000 0000 9718 53 Stichwort: Befreiungsfest

BIC: WUPSDE33XXX  Stadtsparkasse Wuppertal

Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V.

www.wuppertaler-widerstand.de

www.gedenkbuch-wuppertal.de

 

Umbenennung nicht nötig?

MÄZENE „Von der Heydt“- oder „Eduard von der Heydt“-Kulturpreis: die Stadt Wuppertal und ihr Umgang mit der NS-Geschichte – ein Fall von Amnesie, Opportunismus und Verdrehung

VON RUDOLF WALTHER

Taz vom 6. Juni 2016

Lokale Politik spielt sich oft zwischen Farce und Trauerspiel ab.

Im Falle Wuppertals hat das Tradition.

1975 beschloss die Stadt, im Engelsgarten eine Skulptur aufstellen zu lassen, die sich auf den in der Nähe geborenen Friedrich Engels (1820–1895) beziehen sollte. Ausgewählt wurde der Entwurf des phänomenalen Plastikers Alfred Hrdlicka (1928–2009). Der programmatische Titel seines Werks: „Die starke Linke“, im Volksmund: „Friedrich-Engels-Denkmal“.

Die ursprünglich vorgesehene Summe für die Finanzierung (130.000 DM) erwies sich bald als unrealistisch, da Hrdlicka mit dem ersten Carrara-Marmorblock nicht zufrieden war und einen zweiten bestellte, womit sich eine Verzögerung ergab. Die Stadtverwaltung beharrte auf dem Lieferungstermin wie ein Tante-Emma-Laden auf Barzahlung. Hrdlicka, erfahren im Umgang mit Wiener Spießern, erhöhte daraufhin seine Honorarforderung, was den Konflikt nicht beruhigte. Der Spiegel heizte die Kontroverse um das „kommunistische“ und „überteuerte“ Denkmal demagogisch an, konnte aber nicht verhindern, dass es am 2. 7. 1981 eingeweiht wurde. Die konservativen Lokalgrößen boykottierten das Ereignis.

Mit der jüngsten Geschichte in Wuppertal mischt sich allerdings auch Tragisches in die lokale Posse. Es geht um die Dynastie von der Heydt, die seit 1754 in Wuppertal im Privatbankgewerbe tätig ist. Wie sein Vater August Karl wandte sich auch sein Sohn Eduard von der Heydt (1882–1964) nach dem Studium und einer Banklehre dem Bankwesen zu. 1909 gründete er in London das Bankhaus „E. von der Heydt & Co.“ Und 1920 in Amsterdam die „Von der Heydt-Kersten’s Bank“. 1927 übernahm die Familie Thyssen Eduard von der Heydts Banken und benannte sie 1930 in „August-Thyssen-Bank“ um. Von der Heydt blieb bis 1943 für diese Bank tätig. Über die August-Thyssen-Bank wickelte die deutsche Abwehr ihren gesamten Zahlungsverkehr ab, von der Heydt war in Finanzflüsse an deutsche Nazi-Agenten im Ausland unmittelbar involviert.

In der Schweiz hatte Eduard von der Heydt 1926 den Monte Verità bei Ascona erworben, ein Hotel errichtet und den zuvor das Sammeln von Kunstwerken genau so professionell und nach den gleichen Grundsätzen wie sein Bankengewerbe– mit wachem Geschäftssinn auf Marktwertsteigerung und Risikostreuung bedacht. Mit Leihgaben an nicht weniger als 70 Institutionen in zahlreichen Ländern minimierte er sein Risiko und steigerte den Wert der Kunstwerke. Da er seine Sammlerleidenschaft mit Krediten der eigenen Bank finanzierte, sparte er obendrein Steuern.

Mitglied in der NSDAP

Die Stadt Wuppertal ehrte den Mäzen 1957 auch mit der Benennung ihres Kulturpreises nach seinem Namen sowie mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft.

Während Jahrzehnten wollte man die Schattenseiten der widersprüchlichen Person von der Heydts und deren Geschichte nicht wahrnehmen und verniedlichte diese bestenfalls zu „persönlichen Verstrickungen“. Seine NSDAP-Mitgliedschaft (Nummer 1561948 vom 1. 4. 1933) war zwar nicht zu bestreiten, wurde aber hemdsärmelig relativiert mit dem Hinweis, von der Heydt sei 1939 wieder aus der Partei ausgetreten. Das beruht auf einer Verdrehung der Tatsachen. Die Partei warf ihn statutengemäß aus der Partei, weil er am 28. 4. 1937 die schweizerische Staatsbürgerschaft erworben hatte. Gegen seinen Parteiausschluss hat sich von der Heydt sogar mit juristischen Mitteln gewehrt – allerdings vergeblich, wie Francesco Welti in seinem Buch „Der Baron, die Kunst und das Nazigold“ (2008) nachgewiesen hat.

Von der Heydt wurde 1941 von der Polizeiabteilung des Berner Innenministeriums vorgeladen, weil er seine Briefe mit „Heil Hitler!“  und „Evviva il Duce“ unterschrieben hat, mit Göring von Sammler zu Sammler korrespondierte und einem Museumsdirektor gegenüber „die wunderbaren Erfolge der deutschen Waffen“ (Juli 1940) lobte.

Kaum Schweizer Bürger geworden, engagierte er sich im „Bund treuer Eidgenossen nationalsozialistischer Weltanschauung“, der verboten wurde, weil er den Anschluss der Schweiz an das „Dritte Reich“ betrieb.

Seit 2002 gab es in Wuppertal Kritik an der opulenten Würdigung von der Heydts. Die WASG bzw. die Linkspartei verlangten schon vor zwölf Jahren die Umbenennung des „Eduard von der Heydt-Kulturpreises“. Besonders aktiv waren dabei die „Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft“ und ihr Vorsitzender Hajo Jahn sowie der „Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal“ und ihr Vorsitzender Dieter Nelles.

Der Beschluss ist eine Farce

2008 erreichten die Aktivisten, dass die Stadt den Namen des „Eduard von der Heydt-Kulturpreises“ zu „von der Heydt-Kulturpreis“ verkürzte. Wenigstens am Nachnamen wollte man festhalten, weil ein Teil der Kunstwerke im Museum aus der Sammlung seines Vaters, August Karl, stammen, dem der kinderlose Sohn Eduard die Sammlung schon 1922 für einen inflationsbedingt niedrigen Preis abgekauft und später dem Museum geschenkt hatte. Für den Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) ist die Zeit für den großkoalitionären Umbenennungs-Kompromiss jedoch abgelaufen.

In der Sitzung vom 4. Mai 2016 fasste die Kommission „Kultur des Erinnerns“ mit einer einzigen Gegenstimme den Beschluss: „Die Umbenennung des ‚Eduard von der Heydt-Preises‘ ist im Jahre 2008 aufgrund eines ungesicherten Vorwurfs einer angeblichen (! RW) NS-Verstrickung in den Jahren 1933–1945 zunächst unter Vorbehalt erfolgt. (…) Zwischenzeitlich (konnten) diese Vorwürfe nach einhelligem Expertenurteil als unzutreffend ausgeräumt werden.

Die Begründung für den Beschluss aus dem Jahr 2008 ist damit entfallen.“ Der Beschluss ist eine Farce, denn mit dem „einhelligen Expertenurteil“ ist vor allem das Urteil des städtischen Angestellten des Historischen Zentrums der Stadt Wuppertal, Eberhard Illner, gemeint. An einem Symposion, das 2015 im Rahmen der Ausstellung „Weltkunst. Von Buddha bis Picasso. Die Sammlung Eduard von der Heydt“ veranstaltet wurde, nahm genau eine Expertin teil, der man 1998 noch den Zutritt zum Heydt-Nachlass verwehrt hatte. Sie beurteilt von der Heydt, im Gegensatz zur Lokalprominenz, sehr kritisch: „Eduard von der Heydt war von 1933 bis 1939 NSDAP-Mitglied, dies sicherlich aus opportunistischen Gründen. Er hatte Verpflichtungen damals durch seine Leihgaben in deutschen Museen, durch seine Familie im nationalsozialistischen Deutschland, und er war im Aufsichtsrat der August-Thyssen-Bank. Insofern ist der Name natürlich durchaus belastet, Eduard von der Heydt hatte keine weiße Weste.“ (Esther Tisa Francini, NZZ 27. 7. 2013).

Eingehegter Sachverstand

Die Lokalpresse jedoch begrüßte den Beschluss der Kommission „Kultur des Erinnerns“ mit der Schlagzeile, „Umbenennung war unnötig“. Stadt und Kommission schweigen dazu, was aus dem Beschluss zur Revision der Umbenennung folgen soll.

Bizarr ist der Kommentar von Lothar Leuschen (Westdeutsche Zeitung v. 13. 5. 2016): „Vor dem Hintergrund dessen, was sich derzeit in Europa abspielt, nach dem Besorgnis erregenden Rechtsruck in Ungarn, Polen, Österreich – und auch Deutschland – wäre es vielleicht sogar ein richtiges Signal, den Preis wieder nach Eduard von der Heydt zu benennen.“

Der lokal eingehegte Experten- und Sachverstand nennt Eduard von der Heydt auch schon mal einen „Humanisten im übergreifenden Sinne“ (Eberhard Illner), und für ein Mitglied der Kommission „Kultur des Erinnerns“, das zugleich ein Jubelbuch für von der Heydt sponserte, war „die Umbenennung des Kulturpreises ein großes Unrecht“ (Jörg Mittelsten Scheid, CDU-Dissident und Urenkel der Wuppertaler „Vorwerk & Co. KG“). Der Kulturdezernent Matthias Nocke übersetzte den Slogan „Schwamm drüber!“ ins gerade geltende CDU-Deutsch: „Menschliche Würde und persönliche Integrität sind auch nach dem Tod geschützt.“

Aus historischer Sicht erscheint von der Heydt als das, was er vor allem und zuerst war – Sammler und „Finanzdienstleister für Hitler“ (Jürgen Kahl NZZ v.19. 1. 2016).

 

Auf den Spuren des Wuppertal Komitee - Centraal Wuppertal Comité

(Stephan Stracke)

Im Frühjahr 2016 jähren sich zum 80. Mal die Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse und die Widerstandsaktivitäten des Centraal Wuppertal Comité1 Zu Jahresbeginn 1935 hatte die Gestapo eine beispiellose Verhaftungsoperation gestartet. Von 1935 bis 1937 wurden in Wuppertal. Remscheid, Solingen und Velbert insgesamt mehr als 1.900 Menschen verhaftet und 649 Personen von ihnen in den sog. Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. 17 Aktivisten verloren ihr Leben während der polizeilichen Voruntersuchung. Die sogenannten „Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse“ erlangten eine große internationale Beachtung. Europaweit setzten sich über die Parteiengrenzen hinweg Unterstützer für die 1.900 verhafteten Wuppertaler Arbeiter ein. Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) und auch der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei im Exil (SOPADE) unterstützten die verhafteten Wuppertaler Arbeiter.
Herausragend war die Unterstützung der Wuppertaler WiderstandskämpferInnen durch die weltweite Menschenrechtskampagne des Wuppertal-Komitees. Ein von niederländischen Intellektuellen in Amsterdam gegründetes „Centraal Wuppertal Comité“ (Wuppertal-Komitee) begann Weihnachten 1935 Geld für die Familien der Verhafteten zu sammeln. Auf dem Höhepunkt der Kampagne entsandten französische Gewerkschaften und holländische Studentenorganisationen Delegationen zu den Prozessen nach Wuppertal. Die Liste der ungefähr 90 namentlich bekannten UnterstützerInnen und AktivistInnen liest sich wie ein „Who is Who“ der niederländischen Intellektuellen, der Arbeiter-, Frauen- und Friedensbewegung.

Das Centraal Wuppertal Comité CWC verfügte über einen Vorstand (Arbeitsausschuss), bestehend aus Selma Meyer, A.C. Oerlemans, Nico Padt und Brechta Adama van Scheltema. Veranstaltungssprecherin und Propagandistin war Anna Aleida Alma-Heijnen (Lie Heijnen) .

Über 80 Personen waren Mitglied des Comité van aanbeveling (Ehrenausschuss). Sie traten im Gegensatz zu den mitarbeitenden deutschen Exilanten auch in der Öffentlichkeit auf.

Hinzu kommen die TeilnehmerInnen der Delegationen nach Wuppertal. Darüber hinaus gab es örtliche Wuppertal-Komitees wie in Groningen mit eigenem Vorstand und einem lokalen Comité van Aanbevelling. Und schließlich gab es die Verantwortlichen der IRH und der Rode Hulp und der Abschnittsleitung der KPD, die operativ mitgearbeitet haben.

Als die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 die Niederlande überfiel, waren die Aktivitäten des Wuppertal-Komitees bei den Nationalsoziallisten nicht vergessen. Im Gegenteil: vor allem die jüdischen NiederländerInnen, die für das Wuppertal-Komitee gearbeitet hatten, waren in größter Gefahr.

Insgesamt 12 Komitee-Mitglieder fanden gewaltsam den Tod. Sieben jüdische Angehörige des W.K. wurden ermordet. Drei Personen wurden in den Selbstmord getrieben. Viele Mitglieder des W.K gerieten in deutsche Haft und überlebten KZ-Lager wie Theresienstadt nur mit Glück.
Erinnern möchten wir insbesondere an die Toten des W.K.: Selma Meyer, Willem Adriaan Bonger, Menno ter Braak, Elise Frederika de Jong-van Biema, Maurits Kann, Eleazer Louis van der Kar, Werner Kowalski, Erich Kuttner, Abraham Manjoe Teitel, Leo Polak, Friedrich Rüddenklau, Franz Vogt.

 

1. Die Zusammenstellung ist eine aktualisierte und überarbeitete Version der entsprechenden Kapitel aus: Stephan Stracke: Die Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse. Gewerkschaftlicher Widerstand und internationale Solidarität, Bremen, Wuppertal 2012. Mein Dank gilt Sinja Alma, Bart de Cort, Dietrich Hespers, Elise de Jong, Joachim Schrijver, Li A Tjoa und A Min Tjoa. Jetzt auch: Cort, Bart de: Van vrouwen, vrede en verzet; Selma Meyer (1890-1941) en haar Holland Typing Office. 2. , u.a. um die vollständige Korrespondenz an, von und über Selma Meyer erw. Neudruck. Hamilton ON (Canada) 2015.

Auf den Spuren des Wuppertal Komitee - Centraal Wuppertal Comité

 

Spendenverdopplungsaktion der Bethe-Stiftung

für das Befreiungsfest mit Esther Bejarano und Microphone Mafia am 15. April 2016

Spendenaufruf für den „Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal.de e.V.“

Seit nunmehr 17 Jahren organisiert unser Geschichtsverein mit dem etwas umständlichen Namen Gedenkfeiern, Zeitzeugenveranstaltungen, Geschichtsprojekte und vieles mehr. Wir haben Bücher veröffentlicht, zuletzt zum Wenzelnberg- und Burgholz-Massaker und wir haben uns eingemischt, z.B. in öffentliche Geschichtsdebatten oder mit einem neu geschaffenen Denkmal der Namen im Deweerthschen Garten.

Und wir streiten weiter für eine angemessene Würdigung aller NS-Opfer (Gruppen) im öffentlichen Raum und gleichzeitig für eine Täterforschung, die nach 71 Jahren endlich für eine kritische Polizeigeschichte in Wuppertal sorgt.

Auch dieses Jahr steht im Mittelpunkt unserer Gedenkarbeit die Gedenkfeier und das Fest zum Jahrestag der Befreiung Wuppertals. Wir erwarten am 15. April 2016 wieder Angehörige von Wuppertaler NS-Opfern aus dem In- und Ausland. Eingeladen sind auch ehemalige ZwangsarbeiterInnen aus den Niederlanden, WiderstandskämpferInnen aus Belgien mit ihren Angehörigen und die Wuppertaler Veteranen der Roten Armee.

Ehrengast und Musikerin zugleich ist dieses Jahr die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano, die zusammen mit ihrem Sohn Joram und der Hiphop-Band Microphone Mafia auftreten wird.

Umsonst, aber nicht kostenlos…

Für die Gedenkfeier und das Befreiungskonzert nehmen wir auch dieses Jahr kein Eintrittsgeld, alle sollen kommen können!! Aber wir haben natürlich hohe Kosten für Zelt, Technik, MusikerInnen, Catering etc. die wir durch Spendensammelei noch zusammenkriegen müssen.

Wir sind daher sehr erfreut, dass die Bethe-Stiftung, die bereits 2011 unser Wuppertaler Gedenkbuch-Projekt (gedenkbuch-wuppertal.de) und das Besuchsprogramm für NS-Opfer unterstützt hat, sich bereiterklärt hat, die Gedenkfeier und das Befreiungskonzert mit Esther Bejarano und Microphone Mafia mit einer Spendenverdopplungsaktion zu unterstützen.

Also, jede Spende, die wir einwerben können oder im Sammeltopf landet, wird verdoppelt und hilft uns bei der Finanzierung des Befreiungsfestes und weiterer Projekte!

Wir haben noch viel vor, z.B. die Schaffung eines Erinnerungsortes für jüdische WiderstandskämpferInnen aus Wuppertal oder die Organisation einer Gedenkreise zum 75. Jahrestag des Synagogen-Massakers in Bialystok, das u.a. Wuppertaler Polizisten zu verantworten haben. Für den November 2016 planen wir zudem eine kleine Ausstellung zu den Wuppertaler Spanienkämpfern.

Die Spendenaktion läuft ab dem 23. März 2016 insgesamt 3 Monate. Spendenquittungen fürs Finanzamt können ausgestellt werden.

Kontoinhaber: Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V.

Kontoverbindung: DE31 3305 0000 0000 9718 53 Stichwort: Befreiungsfest

BIC: WUPSDE33XXX  Stadtsparkasse Wuppertal

 

71. Jahrestag der Befreiung Wuppertals.

Aktualisiertes Programm: 15. April 2016

"Erinnern heißt handeln!"(Esther Bejarano, Auschwitz-Überlebende)

Gedenkfeier und Befreiungsfest mit Angehörigen der Wuppertaler NS-Verfolgten

Befreiungsfest mit::

Dirk Hespers & Erik "Fotler" Schellhorn (Widerstandslieder

Roswitha Dasch und Katharina Müther (Jiddische Lieder)

Esther Bejarano und Microphone Mafia

Veranstaltungsflyer zum Herunterladen

Programm:

15:00 Uhr

Einweihung des"Rita und Izchok Gerzst Park" an der Josefstraße mit Angehörigen der Familie Gerzst und Musik von Roswitha Dasch und Katharina Müther

Gedenkfeier und Befreiungskonzert am Wuppertaler Denkmal für die NS-Opfer im Deweerthschen Garten

16:30 Uhr

Begrüßung

  • Kaffeetrinken im Zelt am Deweerthschen Garten
  • Auftritt der Showgruppe "Kalinka" des deutsch-russischen Kulturzentrums Applaus e.V.
  • Redebeitrag von Welcome Wuppertal zur aktuellen Situation der Flüchtlinge

17:00 Uhr

Begrüßung durch Oberbürgermeister Andreas Mucke

Beiträge:

  • Dieter Nelles, Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V.
  • Klara Tuchscherer, AG Kinder des Widerstandes in der VVN-BdA
  • Ludmila Gutina, Applaus e.V.
  • Dré Hanssen, Helden-Panningen NL (angefragt)
  • Angehörige und FreundInnen der belgischen Widerstandsgruppe De Swarte Hand
  • Vertreter des Comité Voettocht 30 December, Roermond (angefragt)

Gedenken

Befreiungsfest mit:

Dirk Hespers & Erik "Fotler" Schellhorn (Widerstandslieder)

Roswitha Dasch und Katharina Müther (Jiddische Lieder)

Esther Bejarano und Microphone Mafia

Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V.

www.wuppertaler-widerstand.de

www.gedenkbuch-wuppertal.de

In Kooperation mit der AG Kinder des Widerstandes und der VVN-BdA NRW – Mit Unterstützung der Bethe-Stiftung, der Hartmut-und-Lore-Schuler-Stiftung, des Ökofonds B 90/Grüne NRW, der Stadtsparkasse Wuppertal, der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt, den Wuppertaler Stadtwerken und vielen WuppertalerInnen.

 

Pressemitteilung: Wann kommt der Erinnerungsort Burgholz?

2. Gedenkwanderung zum 71. Jahrestag des Burgholz-Massakers

27. Februar 2016 14:30 Uhr, Treffpunkt Bushaltestelle Obere Rutenbeck/ Küllenhahnerstraße

Vor 71 Jahren ermordeten Angehörige der Wuppertaler Kriminalpolizei und der Gestapo dreißig russische und ukrainische ZwangsarbeiterInnen und verscharrten sie in einem Massengrab. Die Täter wurden später von der britischen Militärjustiz in Hamburg im sogenannten Burgholzcase verurteilt. Es wurden 6 Todesurteile ausgesprochen, die meisten Angeklagten verurteilte man zu hohen Haftstrafen. Allerdings wurden die Todesurteile nicht vollstreckt und kein Täter war länger als sechs Jahre in Haft.

Von den Opfern, die exhumiert wurden und später auf Anweisung der Alliierten auf dem Schorfer Friedhof in Cronenberg bestattet wurden, wissen wir nur wenig. Nur der Name der ukrainischen Lehrerin Helena Matrosowa ist uns heute bekannt.

Die Wanderung führt uns in die Nähe des alten Polizei-Schießstandes zu dem Massengrab, in dem die Erschossenen zunächst verscharrt wurden und zum geplanten "Erinnerungsort Burgholz" am Helena Matrosowa-Platz. Im Anschluss werden wir gemeinsam zum Friedhof Schorfer Straße fahren.

Erinnerungsort Burgholz

Das Gebiet um den alten Polizeischießstand ist ein historischer Ort in zweifacher Hinsicht . Nach neueren Forschungen wurde das Waldgebiet Burgholz ab 1943 von der Wuppertaler Gestapo als regionale Hinrichtungsstätte genutzt. Zwei Einzel-Hinrichtungen von Zwangsarbeitern im Sommer 1943 sind aktenkundig. Ende Februar 1945 ermordeten Kripo- und Gestapo-Beamten dreißig sowjetische ZwangsarbeiterInnen. Am 12. oder 13. April 1945 erschossen zwei Wuppertaler Gestapo-Beamte den Leutnant der Schutzpolizei Peter Schäfer. Darüber hinaus war der Schießstand im Burgholz von 1933 bis 1945 Ausbildungsort für Kripo, Gestapo, Schutzpolizei und die Wuppertaler Polizeibataillone. Der Schießstand ist mit der Verbrechensgeschichte der Wuppertaler Polizei im Nationalsozialismus also eng verbunden.

Schließlich sollen am sogenannten Zimmerplatz auf dem Wanderweg zum Polizei-Schießstand Informationstafeln zum Burgholz-Massaker und zur Wuppertaler Polizeigeschichte im Nationalsozialismus aufgestellt werden. Darauf sollen sowohl der Standort des Massengrabes, als auch der Standort der anderen acht gefundenen und leeren Gruben kartiert werden. Die Tafeln sollen via QR-Code auf eine Internetseite verweisen, die ausführliche Hintergrundinformationen und Bildungsmaterialien zu den Massakern, zu NS-Tätern aus Wuppertal und zur Wuppertaler Polizeigeschichte bereitstellt. Außerdem soll der Platz als Ausdruck der Würdigung der Ermordeten in Helena Matrosowa-Platz umbenannt werden.

Darüber hinaus soll der neue Erinnerungsort ein historisch-politisches Bildungsangebot für die Polizeiausbildung ein, sich an einem historisch-authentischen Ort mit der Verbrechensgeschichte des eigenen Berufsstands auseinanderzusetzen und neue Formen der Menschenrechtsbildung auszuprobieren. (Siehe auch unsere Bildungsmaterialien zum Burgholz- und zum Wenzelnberg-Massaker)

Große Ankündigungen und nichts passiert

Leider werden wir zum 71. Jahrestag des Massakers weder ein offizielles würdiges Gedenkzeichen noch die geplanten Informationstafeln vorfinden. In einem Brief an den Oberbürgermeister äußerte sich Lieselotte Bhatia, Autorin des Buchs über das Burgholzmassaker: „Ich bin doch etwas verärgert über das mangelnde städtische Engagement in Sachen Erinnerungsort Burgholz. Seit 2001 versuchen wir mit langem Atem, mit Gedenkfeiern, Broschüren, Büchern und Petitionen eine Würdigung der Opfer des Burgholz-Massakers zu erreichen. Im letzten Jahr erinnerten wir am 28. Februar 2015 zusammen mit über 100 BürgerInnen im Beisein des Attaché des Generalkonsulats der Russischen Föderation an den 70. Jahrestag des Burgholz-Massakers und erneuerten die Forderung nach einem würdigen Erinnerungsort.“

Seit dieser großen Gedenkfeier schien es endlich vorwärts zu gehen. Schließlich unterstützte auch die Bezirksvertretung Cronenberg unser Anliegen. Am 22. Mai 2015 wurde zu einem großen Treffen mit den Verantwortlichen ins Rathaus geladen. Dort vereinbarten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Schilder möglichst bis zum 9. November 2015 aufzustellen. Seit diesem Treffen haben wir von den Verantwortlichen allerdings nichts mehr gehört, geschweige denn wurde ein Gedenkort im Burgholz eingerichtet.

Jetzt stehen wir auch am 71. Jahrestag ohne würdige Gedenkzeichen und Informationstafeln da. Und wir hören, dass es neue „Probleme“ gibt. Zum einen dürften in einem Naturschutzgebiet ohne Bauantrag keine Informationstafeln mehr aufgestellt werden, zum anderen müsste Herr Illner vom Historischen Zentrum noch seine historische Aufarbeitung zum Burgholz-Massaker abschließen und ein Konzept für die städtische Kommission „Kultur des Erinnerns“ zur Entscheidung vorlegen.

Auf diese Weise wird die Einrichtung eines Erinnerungsortes Burgholz einmal mehr auf die lange Bank geschoben. Absprachen und Termine werden nicht eingehalten, eine Kommunikation findet nicht statt. Also warten wir gespannt auf den 72. Jahrestag des Burgholzmassakers im Jahre 2017. Ein Jahr müsste für die Beantragung und Bewilligung einer Informationstafel doch genügen. Außerdem kann bis dahin endlich die historische Forschung zum Burgholz-Massaker vollendet werden. Zudem könnte dann auch wissenschaftlich und politisch geklärt werden, ob die Gedenktafel für den Förster und Ritterkreuzträger Heinrich Hogrebe im Burgholz noch in die Gedenkpolitik der Stadt Wuppertal und in das Naturschutzgebiet passt.

Defizite in der Gedenk- und Erinnerungsarbeit

Wuppertal hat in den letzten Jahrzehnten zugelassen, dass wichtige Spuren von Verfolgung und Widerstand aus der NS-Zeit zerstört wurden. Als Beispiele nennen wir das abgerissene Polizeigefängnis in der Bachstraße in Barmen, in dem noch die Gefängniszellen aus der NS-Zeit erhalten waren. Auch beim Neubau des Jugendgefängnisses in Wuppertal-Erbschlö wurde einfach der historische Tatort der Deserteurs-Erschießungen überbaut. Anfängliche Planungen, „die Integration eines Mahnmals für die auf dem Gelände erschossenen Deserteure“ vorzunehmen, wurden einfach wieder vergessen, obwohl ein Denkmal im Bereich der Justizvollzugsschule und auch im Bereich der späteren Bereitschaftspolizei eine lebendige Auseinandersetzung mit den Verbrechen der NS-Zeit und ein Beitrag zur berufsgruppenorientierten historischen Bildung und Menschenrechtsbildung hätte sein können. Zumal bereits seit langer Zeit eine Skulptur für ein Wuppertaler Deserteursdenkmal von Ernst-Gerd Jentgens existiert.

(http://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Wettbewerb_fuer_JVA-Gelaende_in_Wuppertal_entschieden_28822.html)

Auch ist die Situation am ehemaligen KZ Kemna nach wie vor unbefriedigend. Bis heute gibt es keine aktuelle, die neusten Forschungen aufgreifende Informationstafel, die im Bereich des ehemaligen Konzentrationslagers, der jetzt leerstehenden Fabrik, aufgestellt werden könnte. Sie sollte endlich kompakt über die Geschichte des KZ, über das Leiden der Häftlinge, aber auch über die SA-Wachmannschaft, den Kemna-Prozess und über den mühsamen Weg der Erinnerung an das frühe KZ, auch im Hinblick auf die Entstehung des Schüler-Denkmals, erinnern.

Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V. 23.2.2015

Literaturhinweise:

Lieselotte Bhatia, Stephan Stracke: In letzter Minute – Nationalsozialistische Endphaseverbrechen im Bergischen Land Bildungsmaterial zur Wuppertaler Polizei- und Widerstandsgeschichte Bd. 1.

De Noantri Verlag ISBN: 978-3-943643-03-9

320 Seiten 18,00 €

Ulrike Pastoor, Oliver von Wrochem (Hrsg.) NS-Geschichte, Institutionen, Menschenrechte. Bildungsmaterialien zu Verwaltung, Polizei und Justiz, Berlin 2013.

 

BV Elberfeld beschliesst "Rita und Izchok Gerzst- Park"

Seit 2008 hat sich unser Geschichtsverein bemüht, die jüdischen WiderstandskämpferInnen Rita und Izchok Gerszt mit einer Straßenbenennung zu würdigen.

Gestern hat es endlich geklappt! Die BV Elberfeld hat unserem BürgerInnenantrag zugestimmt.

Voraussichtlich am 15. April 2016, am 71. Jahrestag der Befreiung Wuppertals, werden wir den bisher namenlosen Park an der Josefstraße als "Rita und Izchok Gerzst- Park" einweihen können.

Wir hoffen, dass wir bei Einweihungsfeier die Familie Gerzst aus den USA und Israel in Wuppertal begrüßen können.

Vielen Dank an alle, die die Forderung seit 2008 unterstützt haben und herzliche Grüße an die Tochter Stephanie Gerzst-Furman und ihre Familie in Oregon/ USA.

Siehe auch Artikel in der WZ: Gerszt-Park erinnert an jüdisches Ehepaar. Von Andreas Boller:  

http://www.wz.de/lokales/wuppertal/gerszt-park-erinnert-an-juedisches-ehepaar-1.2135415

 

BürgerInnenantrag an die Bezirksvertretung Wuppertal-Elberfeld „Rita- und Izchok Gerzst-Park“

rita gerzst

Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V

www.gedenkbuch-wuppertal.de

www.wuppertaler-widerstand.de

Wir beantragen die Benennung der unbenannten Grünanlage links der Josefstraße in „Rita- und Izchok Gerzst-Park“ und regen gleichzeitig die Einrichtung eines Erinnerungsortes für jüdische WiderstandskämpferInnen aus Wuppertal ein. Deren Lebensgeschichten sollen auf Informationstafeln und auf einer speziellen Website dokumentiert werden.

Begründung:

Im Frühjahr 2016 jähren sich die Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse zum 80. Mal. Zu Jahresbeginn 1935 hatte die Gestapo eine beispiellose Verhaftungsoperation gestartet. Von 1935 bis 1937 wurden in Wuppertal und Umgebung insgesamt mehr als 1.900 Menschen verhaftet und 649 Personen von ihnen in den sog. Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. 17 Aktivisten verloren ihr Leben während der polizeilichen Voruntersuchung. Die sogenannten „Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse“ erlangten eine große internationale Beachtung. Europaweit setzten sich über die Parteiengrenzen hinweg Unterstützer für die 1.900 verhafteten Wuppertaler Arbeiter ein. Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) und auch der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei im Exil (SOPADE) unterstützten die verhafteten Wuppertaler Arbeiter.

Nur wenig bekannt ist aber, dass sowohl in den Wuppertaler Widerstandsgruppen als auch im Exil zahlreiche jüdische WuppertalerInnen engagiert waren. Diese Menschen lebten und kämpften in doppelter Gefahr, bedroht als politische WiderstandskämpferInnen und als jüdische Menschen.

Besonders dramatisch ist das Schicksal der Familie Gerzst, die wir in diesem Gedenkjahr besonders würdigen wollen.

Den Standort für den neuen Erinnerungsort an der Josefstraße haben wir gezielt ausgewählt, weil die zu ehrenden Rita und Izchok Gerzst nur unweit mit ihrer Tochter Stephanie an der Reiterstraße lebten. Darüber hinaus wohnten viele der (zu ehrenden) jüdische Familien in Elberfeld im Viertel rund um die Synagoge in der Genügsamkeitstrasse.

Weitere im Park zu ehrende jüdische WiderstandskämpferInnen wären z.B. Richard und Rita Barmé, Helmut Hirsch, Karl Coutelle, Rudolf Zuckermann, Max Löwenstein, Siegmund Löwenstein, Jankel Adler, Moritz Adler, Oswald Laufer, Jacob Gilberg und Alfred Benjamin.

Wir werden den 71. Jahrestag der Befreiung Wuppertals am 15. April 2016 erneut dazu nutzen, Angehörige der WiderstandskämpferInnen nach Wuppertal einzuladen. (siehe Programm von 2015)

Eingeladen werden u.a. Stephanie Gerzst aus den USA, die Familie Barmé-Wihl (Boston u. St. Louis/ USA und Angehörige von Karl Coutelle (London) und Rudolf Zuckermann (Berlin).

Es wäre natürlich schön, wenn bis dahin eine Benennung der Grünanlage möglich wäre.

Mit freundlichen Grüßen

Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V

Hintergrundinformationen zur Biographie von Izchok and Rita Gerszt können hier heruntergeladen werden.

Weitere Informationen: http://www.gedenkbuch-wuppertal.de/de/person/gerszt-0

 

Solidair Hulp - 80 Jahre Wuppertal-Komitee (Centraal Wuppertal Comité)

80 Jahre Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse. Gewerkschaftlicher Widerstand und internationale Solidarität.

https://www.facebook.com/denkmal.wuppertal

https://www.facebook.com/events/1088901177809458/

Veranstaltungsflyer zum Herunterladen

Programm:

23. April 2016

Busreise 8:00 Uhr, ab Wuppertal (Fahrkarten über info@wuppertaler-widerstand.de)

11:30-13:30 Uhr:  Stadtrundfahrt mit ZeitzeugInnen und GeschichtsaktivistInnen

15.00 Uhr: Veranstaltung, Verzetsmuseum Amsterdam, Plantage Kerklaan 61A

Im Frühjahr 2016 jähren sich zum 80. Mal die Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse und die Widerstandsaktivitäten des Centraal Wuppertal Comité.

Zu Jahresbeginn 1935 hatte die Gestapo eine beispiellose Verhaftungsoperationgestartet. Von 1935 bis 1937 wurden in Wuppertal. Remscheid, Solingen und Velbert insgesamt mehr als 1.900 Menschen verhaftet und 649 Personen von ihnen in den sog. Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. 17 Aktivisten verloren ihr Leben während der polizeilichen Voruntersuchung. Die sogenannten „Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse“ erlangten eine große internationale Beachtung. Europaweit setzten sich über die Parteiengrenzen hinweg Unterstützer für die 1.900 verhafteten Wuppertaler Arbeiter ein. Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) und auch der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei im Exil (SOPADE) unterstützten die verhafteten Wuppertaler Arbeiter.

Herausragend war die Unterstützung der Wuppertaler WiderstandskämpferInnendurch die weltweite Menschenrechtskampagne des Wuppertal-Komitees. Ein von niederländischen Intellektuellen in Amsterdam gegründetes „Centraal Wuppertal Comité“ (Wuppertal-Komitee) begann Weihnachten 1935 Geld für die Familien der Verhafteten zu sammeln. Auf dem Höhepunkt der Kampagne entsandten französische Gewerkschaften und holländische Studentenorganisationen Delegationen zu den Prozessen nach Wuppertal.Die Liste der ungefähr 60 namentlich bekannten Unterstützer und Aktivisten liest sich wie ein „Who is Who“ der niederländischen Arbeiter-, Frauen- und Friedensbewegung.

Als die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 die Niederlande überfiel, waren dieAktivitäten des Wuppertal-Komitees bei den Nationalsoziallisten nicht vergessen. Im Gegenteil: vor allem die jüdischen Niederländer, die für das Wuppertal-Komitee gearbeitet hatten, waren in größter Gefahr. Insgesamt sechs jüdische Komitee-Mitglieder fanden gewaltsam den Tod. Vier jüdische Angehörige des W.K. wurden in Konzentrationslagern ermordet. Andere wurden verhaftet und in Verhören  von der Gestapo gequält.

Wir bereiten für den Samstag, den 23. April 2016, eine Zusammenkunft mit ehemaligen WiderstandskämpferInnen und den Angehörigen der Mitglieder des Centraal Wuppertal Comité in Amsterdam vor, um die NiederländerInnen zu würdigen, die die gefangenen Wuppertaler ArbeiterInnen mit ihren Familien und die Wuppertaler EmigrantInnen solidarisch unterstützt haben.

Zu diesem Anlass werden wir, Angehörige von WiderstandskämpferInnen,WissenschaftlerInnen und GewerkschafterInnen und andere AntifaschistInnen mit einem Bus aus Wuppertal anreisen und möchten den Dank der WuppertalerInnen überbringen.

Es sprechen:

Dr. Ursula Langkau-Alex, Honorary Fellow, International Institute of SocialHistory, Amsterdam

Prof. Heinz Sünker, Universität Wuppertal

Mirjam Ohringer (Amsterdam), Widerstandskämpferin

Marjan Oerlemans, (Haarlem), Tochter von A.C. Oerlemans (Wuppertal-Komitee)

Sinja Alma (Hoorn, Niederlande), Tochter von Aleida Lie Heijnen (Wuppertal-Komitee)

Peter Alma (Amsterdam, Niederlande), Sohn von Aleida Lie Heijnen (Wuppertal-Komitee)

Ans Samama-Polak (Voorburg, Niederlande), Tochter des jüdischen Widerstandskämpfers und Philosophen Leo Polak (Wuppertal-Komitee) (angefragt)

Grußwort: Sabine Graf, Stellvertretende Vorsitzende DGB NRW 

angefragt sind:

Bart de Cort, Historiker

VertreterInnen der Stadt Wuppertal, Solingen, Remscheid und Velbert

VertreterInnen der deutschen Gewerkschaften

VertreterInnen der niederländischen Gewerkschaften

VertreterInnen der VVN-BdA NRW

niederländische Verfolgtenorganisationen

VeranstalterInnen:

Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal (www.wuppertaler-widerstand.de)

Center for International Studies in Social Policy and Social Services,Universität Wuppertal

International Institute of Social History, Amsterdam

 

Veranstaltungen zum Holocaust-Gedenktag

Gedenkrundgang zum Holocaust-Gedenktag: In Erinnerung an den jüdischen Widerstandskämpfer Izchock Gerzst und an alle Opfer des Todesmarsches aus Auschwitz

26. Januar 2016 17:30 Uhr

Treffpunkt vor derBegegnungsstätte Alte Synagoge Genügsamkeitsstrasse

anschließend

"Ich bin die, die mit Marx und Moses erzogen worden ist."

Zeitzeuginnengespräch mit der niederländischen Holocaust-Überlebenden und Widerstandskämpferin Mirjam Ohringer (Amsterdam)

https://www.facebook.com/events/715351325231508

26. Januar 2016 19:00 Uhr

CityKirche Elberfeld:

Kooperationsveranstaltung: Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal, Regionalbüro Arbeit und Leben DGB/VHS Berg-Mark, SJD - Die Falken KV Wuppertal.

Mirjam Ohringer wurde 1924 als Kind jüdischer Immigranten in Amsterdam  geboren. Ihre Eltern waren in der Arbeiterbewegung aktiv; von ihrer Großmutter lernte sie Deutsch, von ihrem Vater Jiddisch und die Grundlagen des Marxismus. Während des Zweiten Weltkriegs war sie der  ständigen Gefahr ausgesetzt, in eines der NS-Vernichtungslager deportiert und dort ermordet zu werden. Dennoch beteiligte sie sich unerschrocken an den Aktivitäten des niederländischen Widerstands:  Bereits als 14-Jährige sammelte sie Geld für illegale Flüchtlinge aus Deutschland, schrieb heimlich Nachrichten ab, verteilte Flugblätter und leistete Kurierdienste.

https://vimeo.com/46221044: Mirjam Ohringer – Widerstand gegen die Nationalsozialisten in NL von Daniel Poštrak

Veranstaltungsflyer zum Herunterladen